Richard Wagner
22.05.1813 Leipzig - 13.02.1883 Venedig

Den Namen Richard Wagner in dieser Umgebung zu finden, dürfte manchen Leser überraschen. Aber so überraschend ist diese Erkenntnis keinesfalls. Bereits zu Wagners Lebzeiten wurde über Wagners Abstammung heftig spekuliert. Richard wurde als 9. Kind des Polizeiaktuarius Carl Friedrich Wagner (1770 - 1813) und dessen Ehefrau Johanna Rosine geb. Pätz (1774 - 1848) am 13.02.1813 in Leipzig geboren und am 16.08.1813 in der Thomaskirche evangelisch getauft. Sechs Monate nach seiner Geburt. am 23.11.1813 verstarb Carl Friedrich Wagner an Typhus. Am 28.08.1814 heiratet Richard Mutter Johanna den jüdischen Schauspieler und Dichter Ludwig Geyer (1778 - 1821), mit dem Familie Wagner befreundet war. Spekulationen, daß Ludwig Geyer der Vater Richard Wagners gewesen sei, wurden später von der Familie Richards vehement zurückgewiesen. Doch es gibt einen Tagebucheintrag von Richards zweiter Ehefrau Cosima vom 26.12.1878: "Dann sagt Richard (!), Fidi (=  Sohn Siegfried) habe prachtvoll ausgesehen, seinem (Richards) Vater Geyer ähnlich gesehen." Zwar versuchte später die Familie Wagner, diese eindeutigen Worte umzudeuten, aber was geschrieben ist, ist nun einmal geschrieben. Und Richard wurde während seiner Schulzeit stets als Richard Geyer geführt.

Ludwig Geyer verstarb am 30.09.1821 in Dresden. Richard verbrachte die folgenden Jahre bei Verwandten, bis er ab 1827 wieder mit seiner zurückgekehrten Familie in Leipzig wohnte. die Nikolaischule und die Thomasschule besuchte und sich erst seit 1828 Richard Wagner  nannte.

Ein anderes Kapitel sind die antisemitischen Äußerungen Richard Wagners, die in schroffem Gegensatz zu seinen Handlungen stehen. In Paris traf er Giacomo Meyerbeer und Heinrich Heine, die beide großen Einfluß auf sein Werk hatten.

Wagner pflegte Freundschaften zu jüdischen Landsleuten wie seinem Helfer Carl Tausig, zu Joseph Rubinstein, Angelo Neumann und der berühmten Sängerin Lilli Lehmann. Bemerkenswert ist, daß er am Ende seines Lebens die Parsifal-Uraufführung dem Dirigenten Hermann Levi anvertraute, der ebenfalls zu seinem jüdischen Freundeskreis gehörte und Sohn eines Rabbiners war. Der Musikkritiker Joachim Kaiser  hat verschiedentlich darauf hingewiesen, daß sich antisemitische Äußerungen in dem, was Wagner wirklich wichtig war, nämlich in seinen musikdramatischen Werken, nicht nachweisen lasse. Nicht einmal beim Beckmesser in den "Meistersingern von Nürnberg", der ja ursprünglich Hans Lick heißen sollte, ist im Text irgendetwas antisemitisches zu finden.

Erwähnenswert ist noch, daß Winifred Wagner keineswegs so verbohrt war, wie es viele Leute - auch und gerade Filmemacher - dargestellt haben. Als meine Frau und ich im Jahre 1973 Winifred besuchten, weil wir einige Noten von ihrem Ehemann Siegfried Wagner haben wollten, kamen wir natürlich auch auf das Thema "Adolf Hitler" zu sprechen. Und da sagte Winifred beim Schluß des Gespräches ganz leise zu uns: "Wenn ich mich gegen IHN gestellt hätte - was wäre dann aus Bayreuth geworden?"

Und es muß auch noch erwähnt werden, daß Friedelind und Gottfried Wagner sich von allem, was mit Hitler zu tun hatte, radikal distanziert haben. Friedelind lebte überwiegend in London, wo ich sie einmal besucht hatte, und Gottfried ist nach Israel ausgewandert.

Wir als Zuhörer sollten uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob Richard Wagner von Friedrich Wagner oder von Ludwig Geyer abstammte. Das, was Richard Wagner an musikalischen und musikdramatischen Werken geschaffen hat, wird auch noch nach Jahrhunderten Bestand haben.