Mobbing als allgemein übliche Umgangsform

Über Mobbing wird meist hinter vorgehaltener Hand gesprochen: Wer betroffen ist, will keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wer beim Mobbing mitmacht, wird sich selten damit brüsten. Und wirklich: Einen Scherz über Kollegen, wo gibt es das nicht? - Wo hört der Spaß auf, wo fängt Mobbing an? Und: Seit wann gibt es Mobbing eigentlich?

Professor Heinz Leymann , Lernpsychologe und Arbeitswissenschaftler, prägte den Begriff "Mobbing" Anfang der 80er Jahre. Er bezeichnete dabei eine Problemform unter Erwachsenen am Arbeitsplatz, die mit bestimmten Verhaltensweisen und einer Wiederholungsstruktur gekoppelt ist.

Neu ist ein solches Verhalten nicht - Mobbing ist keine Modekrankheit, sondern ein altbekanntes Phänomen. Doch erst seit den 80er Jahren hat Mobbing einen Namen und einen Experten in der Person Leymanns.


Vier Verhaltensweisen fallen unter Mobbing:

1.)  eine feindliche Absicht gegenüber der Zielperson

2.)  als feindselig empfundenes Verhalten von Kollegen/Vorgesetzten, auch wenn es nicht so gemeint ist

3.)  Häufige und über einen längeren Zeitraum angewandte psychische Gewalt (Psychoterror).

3.)  Eine Viktimisierung, das heißt, die Zielperson soll Opfer sein oder werden, sie soll ausgestoßen und abgewertet werden.


Psychische Gewalt hat viele Gesichter

Die Anwendung von psychischer Gewalt ist eine der vier Mobbing-Verhaltensweisen. Doch was ist psychische Gewalt im Zusammenhang mit Mobbing?


Angriffe auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen

Niemand hört Ihnen zu, vor allem nicht, wenn Sie sich verteidigen wollen. Man fragt Sie nie nach Ihrer Ansicht.


Angriffe auf die sozialen Beziehungen

Sie werden von den Kollegen isoliert. Man spricht nicht mehr mit Ihnen, Sie bekommen keine Antworten.


Handlungen mit Auswirkungen auf das soziale Ansehen

Man verbreitet Gerüchte über Sie. Man stellt Ihre Kompetenz und Arbeitsweise in Frage. Man macht sich über Sie lustig, imitiert Sie.


Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation

Man gibt Ihnen kränkende oder sinnlose Aufgaben. Man gibt Ihnen keine oder deutlich zu viel Aufgaben. Man gibt Ihnen Aufgaben, die Ihre Qualifikation massiv unter- oder überfordern.

Angriffe auf die Gesundheit

Hierzu zählen sexuelle Belästigung, körperliche Mißhandlung. Sie werden zu gesundheitsschädlichen Arbeiten gezwungen.

Quelle:   http://lifeline.msn.de/cda/  




Doch Mobbing ist nicht auf das Berufsleben beschränkt. Anfänge dieses Verhaltens sind bereits im Kindergarten zu beobachten. In der Schule gibt es dann einige Typen, die größer, kräftiger und meist dümmer sind als die Anderen, und die keine Hemmungen haben, kleinere oder schwächere Mitschüler zu tyrannisieren. Schlimm wird es dann im Berufsleben, in politischen Parteien und in Vereinen aller Art. Die meisten Menschen versuchen, sich auf Kosten der Anderen zu profilieren und Andere an die Wand zu drücken. Rücksicht und Moral sind Fremdwörter.

Was sich in Betrieben, Parteien und Vereinen ständig zwischen einzelnen Personen abspielt, spielt sich auf einer anderen Ebene zwischen Interessenveränden aller Art ab. Jeder Interessenverband sucht seinen Vorteil auf Kosten der Anderen. Wenn irgendwo der Zwang zum Sparen unausweichlich wird, dann sollen immer nur die Anderen sparen; die eigenen Privilegien hingegen werden mit Klauen und Zähnen verteidigt - auch wenn die gesamte Volkswirtschaft dabei zugrunde geht.

Es sei auch nicht verschwiegen, daß Mobbing ein Hauptfach bei Manager-Akademien ist. Dort wird gelehrt und gelernt, wie man Mitarbeiter und Untergebene demütigt und gegeneinander ausspielt, damit die eigene Herrschaft gefestigt wird. Mobbing ist heutzutage ein Instrument der Betriebs- und Parteienführung. In der großen und kleinen Politik mobbt nahezu jeder gegen jeden, und zwar öffentlich. Daß das Vertrauensverhältnis zwischen Politikern und der Bevölkerung dabei irreparabel zerstört wird, stört offensichtlich niemanden.

 Schröder
Quelle: DER TAGESSPIEGEL Nr.18346 vom 02.01.2004, Seite 8