Standesdünkel und Korpsgeist

Bei bestimmten Berufsgruppen gibt es Standesorganisationen, die die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Außenstehenden mit Klauen und Zähnen verteidigen. Solche Standesorganisationen sind u.a. die Ärztekammern, die Tierärztekammern, die Rechtsanwaltskammern u.s.w. Jede dieser Organisationen hat Satzungen oder Berufsordnungen, die es den (Zwangs-)Mitgliedern untersagen, sich Außenstehenden gegenüber negativ über eine Kollegin oder einen Kollegen zu äußern. Eine Nichtbeachtung dieser eisernen Regel gilt als "Verstoß gegen die Standesehre" und wird disziplinarisch geahndet. Da alle diese "Kammern" den Status einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" haben, wirken alle Entscheidungen der "Kammern" wie Verwaltungsakte einer staatlichen Behörde, gegen die nur vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit angegangen werden kann. Ein Ausschluß aus der für eine Berufsgruppe zuständigen "Kammer" hat die Wirkung eines Berufsverbotes.

Auf diese Art und Weise werden Fehlentscheidungen aller Art vertuscht. Für Außenstehende ist es nahezu unmöglich, erfolgreich einen Schadensersatzprozeß gegen einen Arzt, Tierarzt oder Rechtsanwalt zu führen. Die Gerichte fordern in solchen Fällen immer die Vorlage eines Gutachtens. Doch der Gutachter muß vom Fach sein, also selber Mitglied in der Kammer der Berufsgruppe des Beklagten sein. Zwar steht in den Berufsordnungen aller dieser Kammern, daß das Gericht die Beschränkungen durch die Kammerordnungen aufzuheben könne, aber welches Kammermitglied bringt schon eine derartige Zivilcourage auf und sagt gegen einen Kollegen aus? Man ist also auf ausländische Gutachter angewiesen. Doch diese sind häufig an deutschen Universitäten tätig und wollen schließlich nicht ihre wohldotierten Lehraufträge verlieren.

Auf Grund dieses Mechanismus prallt der Geschädigte mit seinen Forderungen überall ab. Zum Schluß hat er noch eine Riesenmenge an Gerichts- und Rechtsanwaltskosten zu tragen und muß Gefahr laufen, selber von dem betreffenden Arzt, Tierarzt, Apotheker oder Rechtsanwalt auf Schadensersatz wegen übler Nachrede verklagt zu werden.