Verkehrsplanungs-Inkompetenz
Eine Geschichte der versäumten und verpatzten Gelegenheiten

Über die Fehlleistungen von Politikern und Parteien in Sachen Verkehrsplanung könnte man ein mindestens 1000-seitiges Buch schreiben. Da aber ein solches Buch auf den zur Verfügung stehenden Internetseiten kaum Platz hätte, seien hier nur einige Beispiele aufgeführt.

Für die Beschreibung von Fehlleistungen dieser Art eignet sich am besten die Verkehrsgeschichte der deutschen Hauptstadt. Nach einem Jahrhundert der Visionen - vom Bau der ersten Eisenbahnstrecke zwischen Berlin und Potsdam bis zur Planung eines innerstädtischen Autobahnnetzes - folgten Kleinkrämerei und politische Fehlentscheidungen. Diese Fehlentscheidungen hatten ihre Ursachen zum Teil in mangelnder Fachkompetenz der Politiker und zum Teil in der ideologischen Verbohrtheit bestimmter politischer Gruppierungen.

Die mangelnde Fachkompetenz der Politiker und der von ihnen abhängigen Planer ist schon daran zu erkennen, daß bereits bewilligte Gelder mehrfach verfielen oder zurückgezahlt werden mußten, weil sich die Politiker nicht über Notwendigkeiten und Prioritäten im Klaren waren.


DER TAGESSPIEGEL Nr. 18579 vom 27.08.2004, Seite 7
Bund kann Millionen zurückfordern

    Der Bund kann von Berlin mindestens 43,5 Millionen Euro zurückfordern, die vom Senat und der Bahn nicht ausgegeben worden sind. Das Geld hatte der Senat für den Bau eines Bahntunnels durch Lichtenrade vorgesehen. Das Bundesverkehrsministerium hat das Projekt aber inzwischen verworfen. Ursprünglich war das Geld für die Grundsanierung der S-Bahn vorgesehen. Darauf habe wiederum die Bahn verzichtet, teilte die Stadtentwicklungsverwaltung auf eine Anfrage der Abgeordneten Claudia Hämmerling (Grüne) mit.
    Das Geld stellt der Bund für die Bahn bereit. Die Länder haben ein Vorschlagsrecht, wie diese Mittel verwendet werden sollen. Das nicht ausgegebene Geld fließt „im Prinzip" an den Bund zurück, teilte Staatsekretärin Maria Krautzberger in ihrer Antwort mit. Es sei aber möglich, sich mit dem Bund zu einigen, die Mittel auf die nächsten Jahre zu übertragen. Demnächst werde man verhandeln.
    Verloren sind bereits etwa fünf Millionen Euro, die 1995 bis 1997 für Arbeiten am Ostkreuz und am Karower Kreuz vorgesehen waren. Diese Vorhaben konnten „aufgrund des zeitlichen Verzugs der Bahn" nicht umgesetzt werden, so Krautzberger. Dafür müssen jetzt Mittel der Folgejahre eingesetzt werden, die dann woanders fehlen.
kt

Der Normalbürger kann ob dieser Nachricht nur fassungslos sein. An den Rentnern und Arbeitslosen wird gespart ("Hartz IV"), die allgemeine Kaufkraft sinkt, und Kaufhäuser und Automobilhersteller kommen wegen der fehlenden Kaufkraft in allergrößte Schwierigkeiten (z.Zt. Karstadt-Quelle-Neckermann und Opel; viele andere Unternehmen werden folgen). Die Vergabe öffentlicher Aufträge - das hat schon der Volkswirtschaftler John Maynard Keynes (1883 - 1943) erkannt - ist neben einer "antizyklischen" Zinspolitik der Zentralbanken das Mittel, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bekommen. Wenn die Vergabe öffentlicher Aufträge daran scheitert, daß die Planung nicht fertig wird, stellt sich die Frage nach der Ursache dieses Fehlverhaltens.

Im oben genannten Fall wird der Deutschen Bahn AG. die Verantwortung für die Nichtausführung oder Nichtfertigstellung der Planung für den Umbau des S-Bahnhofes Ostkreuz und des Karower Kreuzes zugeschoben. Nun ist aber der Staat nach wie vor der alleinige Besitzer der Deutschen Bahn AG., denn ihm gehören (noch) sämtliche Aktien; der geplante Gang zur Börse zwecks Kapitalbeschaffung hat bisher nicht stattgefunden. Daher beherrscht noch immer der Staat den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG., und dieser Aufsichtsrat, der mit Politikern und Beamten besetzt ist, ist in der Lage, Vorstandsmitglieder abzuberufen und andere Personen, die ihm genehmer sind, in den Vorstand zu berufen. Somit liegt die letzte Verantwortung für die Handlungen und Unterlassungen der Deutschen Bahn AG. nach wie vor beim Staat. Und dieser Staat hat - wieder einmal - seine völlige Inkompetenz gezeigt und sich bis auf die Knochen blamiert.

 

Nachstehend werden einige Beispiele für Fehlplanungen geschildert:


I.
Fehler und Versäumnisse bei der U-Bahn-Planung in Berlin

Als geborenem Berliner, der 60 Jahre seines Lebens in dieser Stadt gewohnt hat und stets die Entwicklung des Verkehrs mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, sind mir viele Fakten bekannt, zumal mein Vater (1908 bis 1944) bis zu seiner Einberufung bei der BVG (Berliner Verkehrs-Gesellschaft) angestellt war und über Informationen verfügte, die nicht allgemein bekannt waren, wodurch überhaupt erst mein Interesse für Verkehrsfragen und Verkerhrsprobleme geweckt wurde.

Die erste Berliner U-Bahn wurde 1902 in Betrieb genommen. Es war die Strecke Warschauer Brücke - Zoologischer Garten. Diese Strecke erschloß die südliche Innenstadt und durchquerte oder berührte zumindest die Bezirke Charlottenburg, Schöneberg, Kreuzberg und Friedrichshain. Auf Grund des erfreulich hohen Fahrgastaufkommens wurde diese Strecke bald zu einem Netz erweitert. Dieses U-Bahn-Netz erstreckte sich schließlich zwischen den Endpunkten Warschauer Brücke, Pankow (Vinetastraße), Richard-Wagner-Platz, Ruhleben, Krumme Lanke, Uhlandstraße und Innsbrucker Platz.

Dann stellte man fest, daß die eingesetzten U-Bahn-Wagen doch sehr klein und schmal waren. Es wurden längere und breitere Wagen konstruiert, und es wurde die erste "Großprofil-Line" (die frühere Linie "C") gebaut, die von der Seestraße im Bezirk Wedding über die Bahnhöfe Friedrichstraße - Stadtmitte - Hallesches Tor - Hermannplatz zum S-Bahnhof Neukölln (Südring) führte. Das war die erste Nord-Süd-Verbindung in der Stadt. Etwas später wurde eine Zweigline "C2" gebaut, die vom Bahnhof Belle-Alliance-Straße (jetzt: Mehringdamm) von der Hauptstrecke abzweigte und geradeaus nach Süden bis zum S-Bahnhof Tempelhof (Südring) geführt wurde(jetzt Teil der Linie "U6").

Die Verkehrsplaner bei der BVG und bei der Stadtverwaltung waren von dem größeren Fassungsvermögen der Großprofilwagen begeistert. Bei der BVG wurde beschlossen, keinen einzigen Zentimeter Kleinprofil mehr zu bauen. Dieser Beschluß wurde zum Dogma erhoben. Und die Auswirkungen dieses Dogmas kann man auch heute noch sehen:

U-Bf. Klosterstraße

Beim Bau der U-Bahn-Strecke Potsdamer Platz - Stadtmitte - Alexanderplatz war von vornherein vorgesehen, ab Alexanderplatz die Strecke in zwei Zweigen weiterzubauen, und zwar ein Zweig nach Norden die Schönhauser Allee in Richtung Pankow entlang und ein Zweig die Greifswalder Straße in Richtung Weißensee entlang. Am Bahnhof Klosterstraße sollte sich die Strecke teilen. Der Bahnhof Klosterstraße wurde daher wesentlich breiter angelegt als alle anderen Bahnsteige dieser Strecke, um in der Mitte ein drittes Gleis für die aus Richtung Weißensee kommenden Züge errichten zu können. Am Nordende des Bahnhofes Klosterstraße sind heute noch die bereits gebauten Überwerfungen für das Einfädeln der geplanten Strecke sehen. Doch diese Strecke wurde nie gebaut, da man sich strikt gegen den Weiterbau von Kleinprofilstrecken entschieden hatte. Aber auch die später geplante Großprofil-Linie "F" nach Weißensee wurde nie gebaut.

U-Bf. Ruhleben

Die U-Bahn-Line "A" (heute: Linie "U2") endet in Westen der Stadt noch immer am Bahnhof Ruhleben. Dort muß eine Schar von Autobussen zur Verfügung stehen, um die aus der U-Bahn aussteigenden Fahrgäste aufzunehmen, die weiter nach Spandau wollen. Von den Verkehrs-Planern wurde und wird auch heute noch argumentiert, daß bei einer Verlängerung der U-Bahn-Linie "U2" bis zum Rathaus Spandau oder darüber hinaus bis nach Hakenfelde das Verkehrsaufkommen so stark würde, daß diese Linie "es nicht mehr schaffen würde." Woher das die "Weisen" wissen wollen, ist unerfindlich. Tatsache ist jedoch, daß der größte Teil des Omnibusverkehrs zwischen Ruhleben und Spandau eingestellt werden könnte und die Überlasung der Straßen dadurch erheblich reduziert werden könnte.

U-Bf. Rathaus Spandau

Später wurde die U-Bahn-Linie "U7" (Rudow - Rathaus Spandau) gebaut. Zwar wurde der Bahnhof Rathaus Spandau - eine beindruckende gut gestaltete Halle - gleich für eine Anbindung der noch immer in Ruhleben endenden Kleinprofilstrecke "U2" entworfen und gebaut, doch diese Anbindung ist bis heute nicht geschehen. In der Halle befinden sich zwei nebenenanderliegende Richtungs-Bahnsteige. Außen beginnen und enden die Züge der Großprofillinie "U7". Doch in der Mitte des schönen großen Bahnhofes befinden sich zwei leere Gleisbette für die Kleinprofillinie "U2". Und dabei wird es wohl auch bleiben, solang in Berlin keine bessere Verkehrspolitik betrieben wird.

U-Bf. Krumme Lanke

Aus den gleichen dogmatisch bedingten Gründen wurde die heutige U-Bahnlinie "U1" (Warschauer Straße - Krumme Lanke) bis heute nicht bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz weitergebaut. Zwischen den Bahnhöfen Krumme Lanke und Mexikoplatz klafft auch heute noch eine Lücke von etwa einem Kilometer. Fahrgäste, die zur S-Bahn wollen, müssen 2 oder drei Haltestellen mit dem Bus fahren. Hier wird argumentiert, daß eine Verlängerung der U1 "nicht notwendig" sei.

U-Bf. Innsbrucker Platz

Eine besondere Glanzleistung haben die Planer am Innsbrucker Platz erbracht. Bis zum Bau des südlichen Stadtautobahn-Ringes (A 100 Dreieck Funkturm - AS Buschkrugallee - A113) führte der U-Bahn-Tunnel der Linie "U4" vom Süd-Ende des U-Bahnhofes Innsbrucker Platz weiter zu einer Abstell- und Kehranlage in der Eisackstraße. Es war ursprünglich geplant, diese Strecke weiter bis nach Lankwitz zu verlängern. Diese sehr nützliche Streckenverlängerung wurde niemals realisiert.

Beim Bau des Stadtautobahn-Ringes, der unter dem Innsbrucker PLatz in einem Tunnel geführt wird, wurde der vorhandene U-Bahn-Tunnel einfach durchtrennt und ein Stück abgerissen, um Platz für die Autobahn zu schaffen. Der U-Bahn-Tunnel der Linie "U4" endet jetzt am südlichen Ende des U-Bahnhofes Innsbrucker Platz. Eine Verlängerung ist jetzt nicht mehr möglich - es sei denn, man nähme einen sehr kostenintensiven Umbau der Linie U4 in Kauf (Tieferlegung des Bahnhofes der U4, Unterquerung der Stadtautobahn und Überquerung des vorhandenen Tunnelstutzens für die nie gebaute Linie U10, die von Weißensee über Alexanderplatz, Potsdamer Platz, Kleistpark, Innsbrucker Platz, Rathaus Steglitz nach Lichterfelde führen sollte).

 

Die U-Bahn-Linien 5 und 10 (vormals: Linien "E" und "F")

Mit den Planungen für die Linie "U5" - ursprünglich Linie "E" - für die Strecke Alexanderplatz bis Friedrichsfelde wurde bereits Mitte der 20er Jahre begonnen. Das Konzept für den Verkehrsknotenpunkt Alexanderplatz - das damalige Zentrum Berlins - sah eine zunächst eine Umsteigemöglichkeit zwischen der S-Bahn (Spandau West - Grünau, Potsdam - Erkner und Halensee - Mahlsdorf) und der U-Bahn (Ruhleben - Pankow, Gesundbrunnen - Neukölln und einer noch zu bauenden Ost-West-Verbindung) vor.

Der "Hausarchitekt" der BVG, Alfred Grenander, entwarf in den 20er Jahren für diesen Verkehrsknotenpunkt einen Entwurf, dessen Realisierung auch heute noch beeindruckend und richtungsweisend ist. Ausgangspunkt für diesen großen Umsteigebahnhof war der erste Bahnhof der Linie "A" (Ruhleben/KrummeLanke - Schönhauser Allee/Pankow) unter der Memhardstraße. Parallel zur S- und Fernbahn entwarf er die Halle für den Bahnsteig der Linie "D" (Gesundbrunnen - Neukölln, jetzt "U8") unter der Dirksenstraße. Rechtwinklig zu diesen beiden - etwa 100 Meter voneinander entfernten - Bahnsteigen sah er eine große hohe Halle mit zwei Richtungsbahnsteigen vor, die unter den Bahnsteigen der Linien "A" und "D" verlaufen sollten. Auf den Innengleisen des unteren Bahnsteigs sollte der Verkehr der Linie "E" (Friedrichsfelde - Alexanderplatz - Unter den Linden - Reichstag - Moabit - Charlottenburg Nord - Spandau) verlaufen. Die Außengleise der Bahnhofshalle waren für eine neue Linie "F" bestimmt, die von Weißensee über den Alexanderplatz, den Spittelmarkt, die Leipziger Straße, den Potsdamer Platz, den Innsbrucker Platz und die Schloßstraße bis nach Steglitz und Lichterfelde führen sollte. Diese Strecke wurde bis zur Spaltung der Stadt von zwei meist überfüllten Straßenbahnen bedient, und zwar von der Linie 74 (Lichterfelde, Finckensteinallee - Weißensee, Rennbahnstraße) und der Linie 174, später Linie 73 (S-Bf. Lichterfelde Ost - Weißensee, Rennbahnstraße).

Realisiert wurde nur die Strecke Alexanderplatz - Friedrichsfelde (Linie "E", jetzt Linie "U5"). Westlich des Bahnhofes Alexanderplatz entstand ein viergleisiges Tunnelstück, das unter der jetzigen Rathausstraße (früher "Königstraße") bis zum "Roten Rathaus" reicht. Dieses Tunnelstück wird heute als Kehranlage genutzt. Östlich des Bahnhofes Alexanderplatz entstanden noch zwei Tunnelstutzen in Richtung Greifswalder Straße - Weißensee. Der Bau der Strecke nach Weißensee wurde jedoch bis heute nicht in Angriff genommen.

Die politische Entwicklung nach 1949 - dem Gründungsjahr der beiden deutschen Nachkriegs-Staaten - wirkte sich auf die Entwicklung des Verkehrs teil beflügelnd und teils verheerend aus. In Berlin (West) wurde die U-Bahn-Linie "C" (jetzt: Linie "U6") nach Norden bis nach Alt-Tegel und nach Süden bis Alt-Mariendorf verlängert. Es wurde eine neue Linie "H" (jetzt "U7") gebaut, die jetzt von Rudow bis nach Spandau führt. Es wurde eine neue Linie "G" (jetzt: Linie"U9") Osloer Straße (Wedding) - Turmstraße (Moabit) - Zoologischer Garten - Rathaus Steglitz gebaut.

In Berlin (Ost) wurde die Linie "E" (jetzt U-Bahn-Linie "U5") ostwärts bis nach Hönow verlängert. An der S-Bahn-Linie nach Mahlsdorf - Hoppegarten - Strausberg - Strausberg Nord entstand der erste direkte Berliner Umsteigebahnhof zwischen S-Bahn und U-Bahn "Wuhletal" was eine verkehrspolitische Großtat war. Dort halten nämlich S-Bahnzüge und U-Bahn-Züge an gemeinsamen Bahnsteigen.

Nach der Spaltung ergaben sich in Berlin (Ost) schier unlösbare Probleme hinsichtlich der Reparatur und der Wartung der Wagen, die auf der Kleinprofil-Rumpf-Linie Thälmannplatz (jetzt "Mohrenstraße") - Pankow (Vinetastraße) in Einsatz waren. Es gab damals in Berlin zwei Kleinprofil-Werkstätten. Eine - die Werkstatt der Linie "A" - befand sich (und befindet sich auch heute noch) in Charlottenburg zwischen den Bahnhöfen Olympia-Stadion und Ruhleben. Die andere Werkstatt - zuständig für die Wagen der Linie "B" - befand sich zwar in Berlin (Ost) am Warschauer Platz, konnte aber nicht genutzt werden, da die gesamte Linie mit Ausnahme des Endbahnhofes Warschauer Straße und der bewußten Werkstatt in Berlin (West) lag. Diese einzige in Berlin (Ost) gelegene Kleinprofil-Werkstatt war somit auf dem Schienenwege nicht erreichbar.

Zunächst mußte improvisiert werden. Die reparatur- und wartungsbedürftigen Wagen mußten auf dem Straßenwege von der Strecke Thälmannplatz - Pankow (Vinetastraße) per Tieflader nach Friedrichsfelde gebracht werden. Um die U-Bahn-Wagen überhaupt aufladen zu können, wurde an einer Stelle, wo die Gleise genau das Straßennieveau haben, eine Weiche und ein Sonderleis zum Aufladen der U-Bahn-Wagen auf einen speziellen Tieflader eingebaut. Die einzige in Frage kommende Stelle befand sich in der Schönhauser Allee an der Rampe zwischen dem (unterirdischen) U-Bahnhof Senefelderplatz und dem auf einem Viadukt befindlichen Bahnhof Dimitroffstraße (heute: Eberswalder Straße). Dort wurde das Sondergleis an der östlichen Außenseite der U-Bahn-Rampe mitten auf den Fahrdamm hingesetzt. Wenn es dann soweit war, wurde nachts - wenn kein U-Bahn-Verkehr stattfand - der reparaturbedürftige Wagen auf dieses Sondergleis gezogen und geschoben, der Tieflader stellte sich genau an das Ende des Sondergleises, der Wagen wurde auf den Tieflader gezogen und über die Straßen zur Werkstatt in Friedrichsfelde gekarrt. Es ist nur schade, daß ich kein Foto von solch einer Aktion habe.

Später wurde ein Verbindungstunnel zwischen den Bahnhöfen Klosterstraße (Kleinprofil-Linie) und Alexanderplatz (unterer Bahnsteig, Großprofil-Line) gebaut, um die reparaturbedürftige Wagen der Linie "A" auf dem Schienenweg in die einzige im ehemaligen Ostberlin gelegene U-Bahn-Werkstatt in Friedrichsfelde transportieren zu können. Dieser Verbindungstunnel besteht noch heute.

Schließlich wurde eine neue Kleinprofil-Werkstatt in der Nähe des S-Bahnhofs Pankow gebaut und ein Verbindungstunnel zwischen den Kehrgleisen des U-Bahnhofes Pankow (Vinetastraße) und der neuen Werkstatt errichtet. Dieser Tunnel ist jetzt Teil der nach der Wende neugebauten U-Bahn-Verlängerung der Linie "U2" zum S-Bf. Pankow. Diese Verlängerung der Linie "U2" ist die bisher einzige Verletzung des alten BVG-Dogmas, "keinen einzigen Zentimeter Kleinprofilstrecke" mehr zu bauen.

Die "Kanzlerbahn"

Bereits um 1930 gab es den Plan, die U-Bahn-Linie "E" (jetzt Linie "U5") weiter nach Westen zu verlängern. Die Streckenführung war wie folgt geplant: Königstraße (jetzt Rathausstraße) - Unter den Linden - Reichstag - Lehrter Bahnhof - Moabit. An diesem Vorhaben ist auch nie gerüttelt worden. Bei Bau der Linien "U7" (Rudow - Spandau) und "U9" (Steglitz - Wedding) wurde bei der Linie "U7" der Bahnhof Jungfernheide bereits als Umsteigebahnhof zur Linie "E" (jetzt: "U5") gebaut. Zwei Richtungsbahnsteige liegen dort untereinander. Unter dem Bahnhof Turmstraße der Linie "U9" befindet sich eine große (für die Öffentlichkeit nicht zugängliche) Halle im Rohbau. Doch diese - sicherlich sehr nützliche - Verbindung wurde bisher nicht gebaut.

Die Ereignisse in den Jahren 1989 und 1990 gaben der Verkehrspolitik in der nunmehr wiedervereinten Stadt eine völlig andere Richtung, und zwar eine Wendung um 90°. Jetzt war es vor allem wichtig, die seit 1961 gekappten Verkehrsverbindungen von West nach Ost wieder herzustellen. In diesem Zusammenhang wurde der Weiterbau der U-Bahn-Linie "U5" (Hönow - Alexanderplatz) in Richtung Rotes Rathaus - Unter den Linden - Brandenburger Tor - Reichstag - Lehrter Bahnhof wieder aktuell. Bei der Planung des neuen Berliner Hauptbahnhofes an der Stelle des alten Lehrter Bahnhofes bzw. des alten Lehrter Stadtbahnhofes wurde ein Bahnsteig für die U-Bahn-Linie "U5" gleich von Anfang an vorgesehen. Inzwischen ist der U-Bahn-Streckenabschnitt Hauptbahnhof/LehrterBahnhof - Reichstag - Brandenburger Tor im Rohbau fertig. Doch es wurde nicht weitergebaut. Und warum nicht?

Es gibt eine Partei "Bündnis 90/Die Grünen", die es sich einstmals zum Ziel gesetzt hatte, den Autoverkehr, in dem Berlin zeitweise geradezu erstickt, zu reduzieren, indem man den Schienenverkehr fördert und unterstützt. Doch plötzlich waren die "Grünen" strikt gegen das seit den 20er Jahren geplante Verkehrsprojekt, die U-Bahn-Linie "E" (jetzt "U5") über den Alexanderplatz hinaus nach Westen zu verlängern. Die Argumentation der "Grünen" war, die Strecke sei "nicht nötig" oder "überflüssig". Als den "Grünen" die sachlichen Argumente ausgingen, erfanden sie das Unwort "Kanzlerbahn", da der U-Bahnhof Reichstag zwangläufig auch nicht weit vom neuen Bundskanzleramt (Spitzname: "Waschmaschine") läge. Dieses Unwort "Kanzlerbahn" ist schon insofern hirnrissig, weil der deutsche Bundeskanzler aus Sicherheitsgründen niemals in einer überfüllten U-Bahn mitfahren würde. Und - um es noch einmal zu sagen: diese Planung stammt aus den 20er Jahren, als der deutsche Reichskanzler noch seinen Sitz in der Wilhelmstraße (am U-Bahnhof "Kaiserhof", später "Thälmannplatz", jetzt "Mohrenstraße") hatte.

Leidtragende dieser Machtprobe zwischen den "Grünen" und der SPD sind die Berliner Bürger, die sich zur Berufszeit in die überfüllten S-Bahn-Züge zwischen Alexanderplatz und der westlichen City hineindrängeln müssen. Der Bau der "Kanzlerbahn" ist jetzt "vertagt" worden - jedoch nicht ganz.

Daß das im Rohbau fertige U-Bahn-Teilstück Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof - Reichstag - Brandenburger Tor ungenutzt tief im Sand schlummern sollte, fiel schließlich doch einigen Leuten, die ihren Verstand nicht ganz ausgeschaltet hatten, auf. Schließlich hatte der Bau dieses Tunnelstücks viele Millionen Euro gekostet. Und da in Berlin schon viel zu viel in den Sand gesetzt worden war, wollte man doch noch eine Art von Minimal-Nutzung für dieses Teilstück herbeiführen. Es fanden wieder Konferenzen statt. Und es kam ein ganz fauler Kompromiß heraus: Es solle dieses Teilstück mit den drei U-Bahnhöfen Hauptbahnhof / Lehrter Bahnhof, Reichstag und Brandenburger Tor ausgebaut und als "U55" in Betrieb genommen werden. Der U-Bahnhof Brandenburger Tor bekommt eine direkte Umsteigemöglichkeit zum vorhanden S-Bahnhof Unter den Linden. Die Verbindung zum U-Bf. Alexanderplatz über Unter den Linden / Friedrichstraße, Staatsoper / Humboldt-Universität, Schloßplatz und Rathaus solle später gebaut werden, wenn man das Geld dafür habe.

Eine hirnrissigere Lösung als diese ist kaum vorstellbar. Es würde sich bei der Stummel-Linie U55 um einen sogenannten "Insel-Betrieb" handeln. Die aus drei Stationen bestehende "Linie" hätte keinerlei Verbindung zum übrigen U-Bahn-Netz, weder nach Osten in Richtung Alexanderplatz (wo bereits die Anschlußgleise bis zum "Roten Rathaus" vorhanden sind) noch nach Westen in Richtung U-Bf. Turmstraße (wo bereits eine große Bahnsteighalle seit Jahrzehnten im Sand schlummert). Die U-Bahn-Wagen (die ein anderes Profil als die Berliner S-Bahn-Wagen haben) müßten durch eine Spezial-Einrichtung (besondere Einfahrt von der Straße oder vom Bahngelände aus) in das Tunnelstück gebracht werden. Da die Werkstatt der U5 in Friedrichsfelde liegt, müßten bei Reparaturfällen die defekten U-Bahn-Wagen aus dem Tunnelstück herausgeholt, auf Tieflader geschafft und auf dem Straßenwege durch die halbe Stadt entweder zur Werkstatt Friedrichsfelde im Bezirk Lichtenberg oder zur Werkstatt Seestraße im Bezirk Wedding gekarrt werden.

Die Politiker und Planer, die diesen Unsinn beschlossen haben, gehörten entlassen und entmündigt, sollten alle Pensions- und Rentenansprüche verlieren und sollten den Rest ihres Lebens als von "Hartz IV" abhängige Gleisbau-Hilfsarbeiter mit einem Stundenlohn von 1.- € verbringen müssen.

 

Die nie gebaute westliche U-Bahn-Linie "F" (später Linie "U10")

Eine der Hauptverkehrsadern in Berlin ist die Bundesstraße 1, die ganz Berlin durchquert. Auf dem ehemaligen West-Berliner Territorium führt sie - von Potsdam, Glienicker Brücke kommend - über die Ortsteile Wannsee, Zehlendorf, Steglitz, Friedenau, Schöneberg, Tiergarten (Süd) zum Potsdamer Platz. Auf der anderen Seite der ehemaligen Grenze führt sie vom Leipziger Platz über den Spittelmarkt, den Alexanderplatz, die Frankfurter Allee und die Ortsteile Lichtenberg, Friedrichsfelde, Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf bis zur östlichen Stadtgrenze bei Dahlwitz-Hoppegarten.

Als die Mauer noch stand, endete auf der westlichen Seite die B1 vor dem Potsdamer Platz an der Mauer. Dennoch entwickelte sich auf dieser B1 ein enormer Verkehr zwischen den Ortsteilen südlich vom Tiergarten (Schöneberg, Steglitz, Zehlendorf) und den nördlichen Teilen West-Berlins (Wedding und Reinickendorf). Es wurde eine "Entlastungsstraße" neu gebaut, die von der Potsdamer Straße aus quer durch den Tiergarten führt und in den Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude einmündet.

Nach Abschaffung der Straßenbahnen in Berlin (West) mußten die Autobus-Linien "48" und "83" den Personenverkehr auf diesem Straßenzug bewältigen. Doch oft blieben die Autobusse im Berufsverkehr stecken. Als sich die Stadtregierung und die ihr gehörende BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) entschlossen hatten, eine U-Bahn-Verbindung Steglitz - Friedenau - Zoologischer Garten - Moabit - Wedding (Linie "G", jetzt Linie "U9") zu bauen, wurde gleichzeitig eine westliche Linie "F" (später Linie "U10") konzipiert. Diese Linie sollte zunächst vom Rathaus Steglitz über die Schloßstraße, die Rheinstraße (Friedenau), die Hauptstraße (Schöneberg) und die Potsdamer Straße (Schöneberg und Tiergarten) bis zum U-Bahnhof Kurfürstenstraße gebaut werden (Umsteigemöglichkeit zur "U1") mit der Option einer späteren Verlängerung nach Norden und Osten im Zuge der B1.

Als die Linie "U9" (Rathaus Steglitz - Osloer Straße) gebaut wurde, wurde der Bahnfof Schloßstraße von vornherein als Umsteigebahnhof zur Linie "U10" gebaut, und zwar mit zwei Richtungsbahnsteigen untereinander (wie beim U-Bahnhof Jungfernheide). Am Rathaus Steglitz wurden zwei getrennte Bahnsteige errichtet, und zwar einer für die Linie "U10" in Richtung Händelplatz - Hindenburgdamm - Lichterfelde Süd und einer für die Weiterführung der Linie "U9" in Richtung Albrechtstraße - Leonorenstraße - Lankwitz Kirche. Auch für den U-Bahnhof Walther-Schreiber-Platz waren für die beiden Linien zwei räumlich getrennte Bahnsteige vorgesehen. Schließlich wurde der U-Bahnhof Kleistpark, an dem die U-Bahn-Linie "U7" die Linie "U10" kreuzen sollte, als Umsteigebahnhof konzipiert. Unter dem, Bahnsteig für die Linie "U7" befindet sich eine große leere Halle für den Bahnsteig der Linie "U10". Und unter dem Stadtautobahn-Tunnel am Innsbrucker Platz wurde ebenfalls eine Bahnhofshalle für die Linie "U10" gleich mitgebaut.

Einzig und allein der für die Linie "U10" konzipierte Bahnhof "Rathaus Steglitz" wird derzeit genutzt, und zwar als südlicher Endbahnhof für die Linie "U9".

Die anderen Bahnhöfe Rathaus Steglitz (Linie "U9"), Walther-Schreiber-Platz (Linie "U10"), Innsbrucker Platz (Linie "U10") und Keistpark (Linie "U10") befinden sich seit Jahrzehnten ungenutzt im Rohbauzustand. Die Linie "U10", die über den Potsdamer Platz, die Leipziger Staße und den Spittelmarkt bis zum Alexanderplatz und weiter über die Greifswalder Straße nach Weißensee geführt werden sollte, ist niemals gebaut worden. Das Argument der Verkehrsplaner lautete. Die geplante U-Bahn im Zuge der Bundesstraße 1 verlaufe "parallel zur S-Bahn" und sei deshalb "überflüssig". Tatsächlich verläuft die Bundesstraße 1 teilweise relativ dicht zur S-Bahn-Linie "S1", aber das ist erst auf dem Abschnitt  Steglitz - Botanischer Garten - Lichterfelde West - Sundgauer Straße - Zehlendorf der Fall. Zwischen Rathaus Steglitz und Potsdamer Platz liegen Straße und S-Bahn sehr weit auseinander. Und die vom Potsdamer Platz zum Alexanderplatz führende "U2" ist stets überfüllt.

Inzwischen ersticken die Bürger in dem betreffenden Straßenzug Schloß-, Rhein-, Haupt- und Potsdamer Straße im vom Dauerstau der Autobusse und sonstigen Kraftfahrzeuge herrührenden Abgasmief.


Wie vor nunmehr sieben Jahren - im Januar 1998 - im Berliner Senat über die genannten U-Bahn-Verlängerungen gedacht wurde, belegt der nachfolgende Bericht:

DER TAGESSPIEGEL Nr. 16209 vom Sonntag, 4. Januar 1998, Seite 7
Im Schnellbahn-Netz klaffen weiter Lücken
Die Verbindungen Uhlandstraße-Adenauerplatz und Krumme Lanke-Mexikoplatz
fehlen im Nahverkehrsplan

VON KLAUS KURPJUWEIT

BERLIN. Das Schnellbahn-Netz der Stadt wird auch in den nächsten Jahren Lücken aufweisen. Im aktuellen Nahverkehrsplan der Verkehrsverwaltung, der demnächst im Senat präsentiert wird, fehlen Verbindungen wie Uhlandstraße-Adenauerplatz oder Krumme Lanke-Mexikoplatz, wo mit einem vergleichsweisen geringen Aufwand ein großer Nutzen erreicht werden könnte. Vorrang haben die Verlängerungen der U 2, der U 5 und der U 7 sowie das Verschieben des U-Bahnhofs Warschauer Straße.


     Auf unabsehbare Zeit wird damit der Bahnhof Uhlandstraße Endstation bleiben, obwohl nur wenige hundert Meter Neubaustrecke fehlen, um am Adenauerplatz einen Umsteigebahnhof zu den Zügen der U 7 errichten zu können. Der Bahnsteig für die verlängerte Strecke ist beim Bau der Anlage für die U 7 bereits miterstellt worden. „Netzverknüpfungen machen das Angebot stets attraktiver", sagt BVG-Sprecher Klaus Wazlak, verweist aber auf die Zuständigkeit des Senats.
    Der Südring der S-Bahn hatte in einem Bewertungsverfahren, bei dem die Kosten mit dem Nutzen verglichen werden und das Voraussetzung für den Zuschuß von Bundesgeldern ist, einen sehr hohen Kosten-Nutzen-Wert erreicht, weil es dort zahlreiche Umsteigemöglichkeiten zu anderen S- und U-Bahn-Linien gibt.
    Erst langfristig soll es auch am Adenauerplatz eine Umsteigestation geben. Dann wird aus dem Ast der heutigen U15 die U 3, die vom Adenauerplatz über Wittenbergplatz und den Potsdamer Platz nach Weißensee führen soll. Am Potsdamer Platz entsteht derzeit für rund 50 Millionen Mark bereits ein kurzer Abschnitt für diese Linie; denn später könnte der Tunnel hier nur noch mit einem erheblichen Aufwand gebaut werden.
    Der Bahnhof Uhlandstraße sollte von Anfang an keine Endstation bleiben. Schon beim Bau der 1,5 Kilometer langen Stichstrecke vom Wittenbergplatz aus war vorgesehen, die Gleise bis nach Halensee zu verlängern. Daraus wurde aber nichts. Der Bau durch die damalige Hochbahngesellschaft war übrigens nicht ganz freiwillig erfolgt. Die selbständige Stadt Charlottenburg hatte dem Bau der sogenannten Dahlemer U-Bahn, die bis zum Nürnberger Platz ihr Gebiet unterquerte, nur unter der Bedingung zugestimmt, daß gleichzeitig die Strecke zur Uhlandstraße gebaut wurde. Immerhin unterstützte Charlottenburg den Bau dann aber mit einem Zuschuß in Höhe von 2 Millionen Reichsmark.
    Die kurze Strecke war voll ins Netz integriert; die Züge fuhren von der Warschauer Brücke (heute Warschauer Straße) als Linie B I abwechselnd zur Hauptstraße (Innsbrucker Platz) und als Linie B II zur Uhlandstraße. Erst 1966 machte die BVG aus dem Stummelstück die Linie 3 und ließ die Züge nur noch zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstraße pendeln. Inzwischen war durch den Bau der Linie U 9 noch die Zwischenstation Kurfürstendamm dazugekommen.
    Betriebswirtschaftlich rechnete sich die kurze Strecke für die BVG nie; es gab sogar Gedanken, sie stillzulegen. Erst nach der Wende änderte die BVG dann wieder ihr Konzept. Nun fahren die Züge zu den Hauptverkehrszeiten von der Warschauer Straße abwechselnd zur Uhlandstraße und nach Krumme Lanke. Nach wie vor gibt es aber Überlegungen, den Abschnitt Wittenbergplatz-Uhlandstraße einzustellen, bis die neue Linie 3 eines Tages kommt.
    Keine aktuellen Pläne gibt es ferner für die Verlängerung der U 2 von Krumme Lanke zum S-Bahnhof Mexikoplatz. Hier fehlen ebenfalls nur wenige hundert Meter, um eine weitere Umsteigestation im Schnellbahn-Netz einrichten zu können. Pläne für diese Verbindung gibt es ebenfalls schon seit Jahrzehnten.
    Gebaut wird derzeit an der Verlängerung der U 2 von der Vinetastraße zum S-Bahnhof Pankow, wo - nicht weit vom vorhandenen an der Schönhauser Allee - dann ein weiterer Umsteigebahnhof zwischen S- und U-Bahn entsteht. Dieser Abschnitt soll 1999 fertig sein. Begonnen worden war mit der Verlängerung bereits in der DDR. Damals sollte an der Granitzstraße eine Werkstatt für die U-Bahn entstehen. Der Tunnel reichte dadurch bereits fast bis zum Bahndamm. Langfristig ist vorgesehen, die U-Bahn über den Bahnhof Pankow hinaus bis Pankow Kirche zu verlängern. Danach steht die Verlängerung der U 5 vom Alexanderplatz zum Lehrter Bahnhof auf dem Programm, und auch die Verlängerung der U 7 von Rudow zum Flughafen Schönefeld ist bereits mit dem Bund vereinbart.
     Zu den vorrangigen Projekten gehört ferner das Verschieben des U-Bahnhofs Warschauer Straße über die Anlagen der Bahn hinweg, um dort die Umsteigewege zu verkürzen. Ob auch die Straßenbahn verlängert wird, damit sie direkt vor dem Bahnhof halten kann, ist weiter ungewiß. Ein Vorschlag der BVG; wie man dies kostengünstig realisieren könnte, wird derzeit von der Senatsverkehrsverwaltung geprüft.

Wenn man die Planungs- und Baukosten für die buchstäblich in den Sand gesetzten Verkehrsprojekte addiert, kommt man zu einen Milliardenbetrag. Eine Aktivierung dieser bislang in den Sand gesetzten Investitionen wäre nur möglich, wenn die von den Grünen verteufelte "Kanzlerbahn" zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor endlich gebaut würde, wenn die Linie "U10" von Weißensee zum Rathaus Steglitz endlich gebaut werden würde, und wenn die Lücken zwischen Ruhleben und Rathaus Spandau ("U2"), zwischen Krumme Lanke und Mexikoplatz ("U1") und zwischen Uhlandstraße und S-Bf. Halensee ("U3") endlich geschlossen würden. Aber leider wird die Verkehrspolitik in Berlin weitestgehend von Leuten bestimmt, die sich zwar selbst lautstark als "Experten" bezeichnen, jedoch von den tatsächlichen Verkehrsproblemen in der Stadt und von den Nöten der Bevölkerung offensichtlich nicht die geringste Ahnung haben. Wie hat es ein Politikwissenschaftler so treffend ausgedrückt: "Politik wird nicht von Vernunft bestimmt . . . "

II.
Die Abschaffung der Straßenbahn in Berlin (West)

In den Jahren 1936 bis 1938 hatte Berlin mit Sicherheit das umfangreichste und dichteste Straßenbahnnetz aller europäischen Städte. Zu dieser Zeit umfaßte das Straßenbahnnetz mehr als 200 Linien. Bis auf einige Außenbezirke und Ortsteile (Zehlendorf - Wannsee, Gatow -Kladow, Hermsdorf - Frohnau, Blankenburg - Karow - Buch, Wartenberg - Falkenberg, Kaulsdorf - Marzahn - Hellersdorf, Müggelheim) kam man in Berlin überall mit der Straßenbahn hin.

Einige Linien führten sogar über die Stadtgrenze hinaus, und zwar die Linie "96" (Behrenstraße - Hallesches Tor - Manfred-von Richthofen-Straße - Attilastraße - Lankwitz, Kirche - Bf. Lichterfelde Ost - Lichterfelde Süd, Lindenstraße - Teltow - Kleinmachnow - Stahnsdorf, Machnower Schleuse), die Linie "120" (Bf. Spandau West - Johannesstift - Bürgerablage - Papenberge - Nieder Neuendorf - S-Bf. Hennigsdorf) und die Linie "147" (Nordend - Pankow - Schönhauser Allee - Alexanderplatz - Neukölln, Hermannplatz - Britz - Buckow Ost - Schönefeld).

Bei der Linie "120" gab es eine Besonderheit: es war die einzige Linie, deren Triebwagen mit Scheren-Stromabnehmern ausgerüstet waren. Die Triebwagen aller anderen Linien waren mit Stangen-Stromabnehmern ausgerüstet. Auf der Strecke Bf. Spandau West bis Johannesstift war diese Linie eine ganz normale Berliner Straßenbahn-Linie. Während die "normalen" Berliner Linien "54" und "58" vor dem Bahnhof Johannesstift in einer Schleife endeten, fuhren die Wagen der Linie "120" weiter über ein Stück Verbindungsgleis auf die Gleise der "Osthavelländischen Eisenbahn" (im Volksmund "Bötzowbahn") genannt. Die Straßenbahn hatte nun den Status einer Eisenbahn und richtete sich nach den üblichen Eisenbahn-Signalen. Nördlich des Bahnhofes Nieder Neuendorf teilten sich die Wege der "Bötzowbahn" und der Berliner Straßenbahnlinie "120" wieder. Während die "Bötzowbahn" weiter in nordwestlicher Richtung nach dem Dorf Bötzow (Havelland) führte, verwandelte sich die "120" wieder in eine Straßenbahn und fuhr bis zu ihrer End-Schleife direkt vor dem S-Bf. Hennigsdorf.

Wird fortgesetzt

 

III. Die drei Berliner O-Bus-Netze

Anfang der 30er Jahre wurde ein Versuch mit eine Oberleitungs-Bus-Linie ("O-Bus", "Trolley-Bus") im Berliner Bezirk Spandau gemacht. Es handelte sich um ein Straßenfahrzeug, das durch einen kräftigen Elektromotor angetrieben wurde. Seine Energie bekam das Fahrzeug von je zwei parallel geführten Oberleitungsdrähten, die an beiden Straßenseite über dem Fahrdamm angebracht waren, und die von zwei parallelen Stangen-Stromabnehmern abgegriffen wurden.

Den Anfang machte die Linie "31", die vom Rathaus Spandau über den Brunsbütteler Damm nach Staaken führte. Dann folgten die Linien "32" vom Breitenbachplatz nach Marienfelde und die Linie "97" - später "33" vom Rathaus Steglitz nach Alt-Mariendorf.

20 Jahre später wurde im damaligen Ost-Berlin ebenfalls ein kleines Obus-Netz eingerichtet: die Linien "30" und "40" vom Robert-Koch-Platz zum Ostbahnhof, allerdings auf verschiedenen Routen.

Diese "O-Busse" waren sehr zuverlässig. Sie machten sehr wenig Geräusch, hatten ein sehr gutes Anzugsvermögen (kamen also schnell auf Tempo) und erzeugten keinerlei Abgase. Der einzige Nachteil: sie konnten ihre vorgegebene Route nicht verlassen. Umleitungen waren nur sehr schwer zu realisieren.

Im Zuge des Motorisierungswahnes wurde in Berlin (West) gegen Ende der Wirtschaftswunderzeit entschieden, die "O-Busse" durch normale stinkende Diesel-Busse zu ersetzen und die elektrisch betriebenen "O-Busse" zu verschrotten. In Berlin (Ost) wurde mit einiger Verspätung dem schlechten Beispiel gefolgt; die umweltfreundlichen "O-Busse" wurden ebenfalls abgeschafft.

In Warschau, Moskau, St. Petersburg, Minsk und Kiew gibt es auch heute noch ausgedehnte O-Bus-Netze.

 

IV.
S-Bahn-Planung

Die S-Bahn war von je her das wichtigste Verkehrsmittel in Berlin. Das Rückgrat des S-Bahn-Netzes war die Stadtbahn Westkreuz - Charlottenburg - Zoologischer Garten - Lehrter Bahnhof - Friedrichstraße - Alexanderplatz - Schlesischer Bahnhof (heute: Ostbahnhof) - Warschauer Straße - Ostkreuz. Westlich des Bahnhofes Westkreuz teilten sich die Linien nach Spandau West und Potsdam. Östlich des Bahnhofes Ostkreuz ging es weiter nach Mahlsdorf, nach Erkner und nach Grünau.

Im Norden gingen drei Strecken vom Stettiner Bahnhof (heute: Nordbahnhof) nach Bernau, Oranienburg und Velten. Im Süden gab es die Strecken Potsdamer Bahnhof ("Wannseebahnhof" an der Linkstraße) - Zehlendorf - Wannsee, Anhalter Bahnhof - Lichterfelde Ost und Anhalter Bahnhof - Mahlow. Frühzeitig wurde auch die parallel zur S-Bahn verlaufende Fernbahnstrecke Potsdamer Bahnhof - Zehlendorf mit Stromschienen ausgerüstet. Auf dieser Strecke verkehrten im Stunden-Abstand durchgehende Züge vom Potsdamer Bahnhof bis Zehlendorf und von dort weiter über die normalen S-Bahn-Gleise bis nach Wannsee (Zehlendorf - Zehlendorf West, später Lindenthaler Allee, jetzt Mexikoplatz - Schlachtensee - Nikolassee - Wannsee). Im Volksmund wurden diese Züge "Bankierszüge" genannt. Sie waren direkte Vorläufer der heutigen Regionalbahn-Züge.

Den Verkehr zwischen den Nord- und den Süd-Strecken geschah über die Ringbahn. Die Nordstrecken kreuzten am Bahnhof Gesundbrunnen und die Südstrecken an den Bahnhöfen Schöneberg und Papestraße den Ring. Von dem Ring gingen zwei Abzweige ab: von Neukölln bzw. Treptower Park nach Grünau und Spindlersfeld sowie von Jungfernheide nach Gartenfeld ("Siemensbahn").

Genau genommen war der Ring kein echter Ring, sondern eine Kardioide mit einer Spitzkehre am Potsdamer Bahnhof ("Potsdamer Ringbahnhof" an der Köthener Straße). Die Ringbahn-Züge, die von Westkreuz - Schöneberg kamen, fuhren nicht - wie heute - direkt zum Bahnhof Papestraße weiter, sondern über den S-Bahnhof Kolonnenstraße zum Potsdamer Ringbahnhof. Wenn der Zug in den Bahnhof Kolonnenstraße in Richtung Potsdamer Ringbahnhof einlief, lief gleichzeitig auf der anderen Seite des Bahnsteiges in Zug in Richtung Papestraße - Ostkreuz ein. Man brauchte also nur auf die gegenüberliegende Seite des Bahnsteiges zu gehen. Wenn beide Züge den Bahnhof Kolonnenstraße verlassen hatten, lief auf der Seite in Richtung Potsdamer Ringbahnhof ein Zug aus Ostkreuz - Papestraße ein, während in Richtung Süden ein Zug nach Schöneberg - Westkreuz einlief. Dieses System funktionierte bis zum Kriegsende 1945.

Dann gab es noch die dampfbetriebenen S-Bahn-Strecken Potsdamer Bahnhof - Werder (Havel), Anhalter Bahnhof - Teltow - Ludwigsfelde, Anhalter Bahnhof - Zossen - Wünsdorf, Lehrter Bahnhof - Nauen , Lehrter Bahnhof - Wustermark, Schlesischer Bahnhof (Wriezener Bahnhof) - Werneuchen, Görlitzer Bahnhof - Königs Wusterhausen, Wannsee - Beelitz Heilstätten und Erkner - Fürstenwalde.

Bereits zur Olympiade 1936 sollte eine durchgehende Nord-Süd-Verbindung, die die drei Nord-Strecken nach Bernau, Oranienburg und Velten mit den drei Süd-Strecken nach Wannsee, Lichterfelde Ost und Mahlow verknüpft, fertig sein. Unter bzw. neben den Fernbahnhöfen Stettiner Bahnhof, Friedrichstraße, Potsdamer Bahnhof und Anhalter Bahnhof wurden große unterirdische Bahnhofshallen für die neue Nord-Süd-S-Bahn angelegt. Zwischen diesen Umsteigebahnhöfen errichtete man die Bahnhöfe Oranienburger Straße und Unter den Linden im Stil der Berliner U-Bahnhöfe. Es gelang nicht, das riesige Vorhaben bis zum Beginn der Olympiade fertigzustellen, da während der Bauarbeiten ein Erdrutsch in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße den Schacht unter sich begrub und die Termine nicht eingehalten werden konnten.

Der S-Bahnhof Potsdamer Platz

Bei der Konzipierung des unterirdischen S-Bahnhofes Potsdamer Platz (Mitte der 30er Jahre) dachte man bereits an die Zukunft. Es wurde eine große Halle mit zwei Richtungsbahnsteigen gebaut. Die beiden Außengleise waren für die Nord-Süd-Bahn (Oranienburg - Wannsee, Bernau - Lichterfelde Ost und Velten - Mahlow - Rangsdorf) bestimmt. Die beiden Innengleise sollten den alten - oberirdischen - Potsdamer Ringbahnhof ersetzen. Eine andere Variante sah vor, die schon genannte "Bankierszug-Bahn" mit ihren durchgehenden Zügen zwischen Zehlendorf und Potsdamer Platz dort halten zu lassen.

Nördlich des S-Bahnhofes Potsdamer Platz in Richtung Brandenburger Tor wurde unter der jetzigen Friedrich-Ebert-Straße der Tunnel viergleisig ausgebaut. Die Außengleise werden am Brandenburger Tor östlich vorbeigeführt und führen zum S-Bahnhof "Unter den Linden". Die Innengleise enden in Tunnelstutzen am Brandenburger Tor; diese Tunnelstutzen sollten westlich am Brandenburger Tor vorbeigeführt und über den Platz der Republik (vor dem Reichtstagsgebäude weiter zum Lehrter Bahnhof geführt werden.

Die nördlich des S-Bahnhofs Potsdamer Platz gelegenen Mittelgleise werden seit ihrer Errichtung 1935/36 als Kehr- und Abstellanlage - heute lakonisch "Heuboden" genannt - genutzt. Die geplante S-Bahn-Verbindung Potsdamer Platz - Reichstag - Lehrter Bahnhof wurde nicht mehr gebaut; der Krieg verhinderte dieses Bauvorhaben.

Im Jahre 1949 erfolgte die Spaltung; diese Spaltung war nur möglich, weil die Poitiker im Westen amerikanischer als die USA und die Politiker im Osten russischer als die damalige Sowjetunion waren. Was dabei herauskam, haben wir alle erfahren.

Nach Mauerfall und Wiedervereinigung 1989/90 mußten die auf Berlin zukommenden Verkehrsprobleme gelöst werden. Das Konzept eines "Berliner Hauptbahnhofs" - eines gigantischen Kreuzungsbahnhofs auf und unter dem Gelände des ehemaligen Lehrter Bahnhofs - nahm Gestalt an. In diesem Zusammenhang wurde der Weiterbau der "Heuboden"-Tunnelstutzen vom Brandenburger Tor bis zum neuen Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof brandaktuell. Diese Verbindung bekam sogar schon eine Linien-Nummer: Die "S21". Doch damals residierte die Bundesregierung - und mit ihr das Verkehrsministerium - noch im idyllischen Bonn. Und vom "grünen Tisch" in Bonn wurde entschieden: der Bau der "S21" sei "nicht nötig", da die Nord-Süd-S-Bahn ja über den Bahnhof Friedrichstraße führe und die Fahrgäste dort umsteigen könnten.

Was es für Mühe macht, mit Koffern beladen von der Nord-Süd-S-Bahn aus dem Untergrund über lange Gänge und Treppen (teils gibt es auch Rolltreppen) zur oberirdischen Stadtbahnstrecke der S-Bahn zu gelangen, dann eine Station westlich bis Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof zu fahren, dann wieder über Treppen nach unten und von dort wieder entweder auf die oberirdische Fernbahnstrecke der Stadtbahn oder weiter nach unten zu dem neuen Regional- und Fernbahnhof für die Nord-Süd-Verbindungen (Hamburg, Westerland, Flensburg, Dänemark, Rostock-Warnemünde, Saßnitz, Stettin sowie München, Innsbruck, Italien, Stuttgart, Schweiz, Prag, Wien, Budapest) zu gelangen, war den Bonner "Experten" wohl zu keiner einzigen Minute bewußt. Es wurde kein S-Bahn-Tunnel für die "S21" gebaut. Die Besserwisser aller Fraktionen hatten sich - wie in vielen anderen Dingen auch - wieder einmal durchgesetzt. Den weggestrichenen S-Bahn-Tunnel jetzt nachträglich zu bauen würde viele Millonen €uro kosten.

Der S-Bahnhof Anhalter Bahnhof

Der S-Bf. Anhalter Bahnhof ist - genau wie der S-Bf. Potsdamer Platz - als große Halle mit zwei Richtungsbahnsteigen konzipiert. Auf dem östlich gelegenen Bahnsteig halten die Züge Richtung Norden, und zwar auf dem Innengleis die Züge von Potsdam und Wannsee nach Frohnau und Oranienburg , und auf dem Außengleis die Züge von Blankenfelde (Kr. Teltow-Fläming) nach Bernau und von Lichterfelde Süd nach Hennigsdorf.

Auf dem westlich gelegenen Bahnsteig halten auf dem Innengleis sämliche Züge in südlicher Richtung, also nach Zehlendorf - Wannsee - Potsdam, nach Lichtenrade - Blankenfelde und nach Lankwitz - Lichterfelde Ost. Auf dem Außengleis fährt nichts. Nur ein paar Tunnelstutzen in Richtung Anhalter Straße sind gebaut worden.

Ein Blick in alte Stadtpläne zeigt, wo diese Tunnelstücke hinführen sollten: Im Zuge der Anhalter Straße - Kochstraße - Oranienstraße - Wiener Straße sollte eine weitere (unterirdische) S-Bahn mit den Bahnhöfen Kochstraße (Umsteigemöglichkeit zur U-Bahn, Linie U6), Oranienstraße (Lindenstraße), Moritzplatz (Umsteigemöglichkeit zur U-Bahn, Linie U8), Görlitzer Bahnhof (Skalitzer Straße; Umsteigemöglichkeit zur U-Bahn, Linie U1 und zur Fernbahn Richtung Cottbus - Görlitz - Zittau - Reichenberg),

 

Wird demnächst fortgesetzt

 

Nachkriegs-Wiederaufbau und Teilung des S-Bahn-Netzes

Bis zum Mauerbau 1961 gingen die Strecken von Falkensee bis nach Königs Wusterhausen, von Potsdam bis nach Erkner, von Staaken bis nach Mahlsdorf und Hoppegarten, von Oranienburg nach Wannsee, von Bernau nach Teltow und von Velten nach Rangsdorf. Außerdem gab es noch die "Friedhofsbahn" Wannsee - Dreilinden - Stahnsdorf, die "Siemensbahn" Jungfernheide - Wernerwerk - Siemensstadt - Gartenfeld und die "Spindlerbahn" Schöneweide - Oberspree - Spindlersfeld. Die Teilung der Stadt brachte zwangsläufig auch eine radikale Teilung des S-Bahn-Netzes mit sich. Der einzige Berührungspunkt der beiden Netze war der Bahnhof Friedrichstraße, der durch Mauern zweigeteilt war. Wer im Besitz eines Passierscheines oder eines Visums war, mußte einen streng bewachten Kontrollpunkt passieren, um auf die jeweils andere Seite zu gelangen.

Als Vorbereitung auf die Teilung der Stadt war im Ostteil der Stadt schon frühzeitig eine S-Bahn-Verbindung zwischen den Bahnhöfen Schönhauser Allee und Pankow gebaut worden, und im Norden entstand eine S-Bahn-Verbindung zwischen den Bahnhöfen Blankenburg und Hohen Neuendorf, um die Strecke nach Oranienburg mit dem Ost-Berliner S-Bahn-Netz direkt zu verbinden.

Zwar lag der größere Teil des Berliner S-Bahn-Netzes im Westteil der Stadt, da aber die Verbindungen zum Umland unterbrochen waren, ging das Fahrgast-Aufkommen rapide zurück. Außerdem wurde von der Politik massiv gegen die "kommunistische" S-Bahn polemisiert und zum Boykott aufgerufen. Es wurden parallel zu den S-Bahn-Strecken verlaufende Bus-Linien eingerichtet, sodaß der S-Bahn-Betrieb für den Betreiber - die Deutsche Reichsbahn - zu einem riesigen Verlustgeschäft wurde. In den 80er Jahren gab dann die Deutsche Reichsbahn die in Berlin (West) befindlichen Strecken an die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ab, die nicht besseres zu tun hatte, als umgehend sämtliche Strecken - mit einer Ausnahme - stillzulegen.

Wird demnächst fortgesetzt

IV.
Autobahnplanung in Berlin

 

Quelle: DER TAGESSPIEGEL Nr.18 077 vom Sonntag, dem 30.3.2003, Seite 13
Aus Plänen wird Beton - später und sparsamer
Das Berliner Autobahn-Konzept ist drastisch gekürzt worden: Zunächst soll das Netz nur um wenige Kilometer wachsen. Ein Pro und Contra zum Weiterbau.

VON KLAUS KURPJUWEIT


    Für Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) gibt es im Verkehrsbereich einen gravierenden Unterschied zwischen den östlichen und westlichen Stadtteilen: „Im Osten gibt es Straßenbahnen und im Westen Autobahnen". Daran wird sich auch nicht viel ändern. Der Ausbau des Straßenbahn-Netzes in westliche Bezirke kommt nur schleppend voran. Vielleicht werden demnächst immerhin Gleise auf der Bernauer Straße in Wedding gelegt, wie es die aktuelle Planung vorsieht. Und auf den Bau von Autobahnen wird man im Osten auch warten müssen. Vorgesehen ist derzeit nur die Verlängerung des Stadtrings (A 100) vom Dreieck Neukölln bis zum Treptower Park. Weitgehend auf dem ehemaligen Mauerstreifen verläuft die A113 am Teltowkanal entlang, die 2006 fertig sein soll.
    Geplant war alles ganz anders. Einst sollte fast das gesamte, Stadtgebiet von Autobahnen durchzogen werden. Die Planer im Westen entwickelten ihre Visionen dabei für die gesamte Stadt, auch wenn sich die Teilung bereits abzeichnete. Ein Ring, angeschmiegt an den vorbildlichen Ring der S-Bahn, sollte dabei das gesamte Zentrum umschließen. Vier so genannte Tangenten, die sich in allen Himmelsrichtungen an den Bezirk Mitte anschmiegten, sollten den Ring ergänzen.
    Aus den Plänen wurden Ende der 50er Jahre Beton. Nach nur zweijähriger Bauzeit wurde 1958 der erste Abschnitt des Stadtrings zwischen Halensee und dem Hohenzollerndamm eröffnet. Schrittweise ging es weiter, ehe im Sommer 2000 der bisher letzte Abschnitt des Rings vom Dreieck Tempelhof bis zur Buschkrugallee in Neukölln eröffnet werden konnte.
    Proteste hatten hier zu einer Planungsänderung geführt. Und heftige Proteste hatten auch woanders den Autobahnbau gestoppt. 1961 hatte man mit dem Bau der ersten Tangente begonnen - vom Kreuz Schöneberg nach Steglitz. Eine der ersten Bürgerinitiativen verhinderte dann die Fortsetzung der Westtangente Richtung Wedding, wo sie wieder auf den Stadtring und die Trasse der A111 Richtung Hamburg treffen sollte.
    Im Zentrum sollte die Autobahn den Tiergarten im Tunnel unterqueren - so ähnlich wie in Zukunft die B 96, deren Röhren Ende 2004/Anfang 2005 befahrbar sein sollen. Weil sich die SPD, unter deren Regie einst die ersten Stadtautobahnen gebaut worden waren, inzwischen von der Westtangente verabschiedet hatte, konnte sich die Koalition aus CDU und SPD Anfang der 90er Jahre nur auf eine Schmalspurlösung für den Tiergartentunnel einigen. Und Berlin hatte auch finanzielle Nachteile: Einen Autobahntunnel hätte der Bund bezahlt, den Bundesstraßen-tunnel muss die Stadt nun mitfinanzieren.
    Im Entwurf für den neuen Bundesverkehrswegeplan ist jetzt nur die sechsspurige Verlängerung des Stadtrings von Neukölln bis zum Treptower Park mit einem „vordringlichen Bedarf eingestuft. Nur solche Projekte haben kurzfristig eine Realisierungschance. 312,6 Millionen Euro soll die 3,2 Kilometer lange Verlängerung kosten. Für die 3,1 Kilometer lange Fortsetzung bis zur Frankfurter Allee soll nur die Trasse frei gehalten werden. Spätere Generationen sollten die Chance behalten, die Autobahn-Pläne zu vollenden, argumentiert Strieder. Jetzt sei nur der Bau bis zum Treptower Park erforderlich - als Anschlussverbindung zum geplanten Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI).
Während der Koalitionspartner PDS den weiteren Autobahn-Bau völlig ablehnt, wollen der ADAC und die FDP den Ring komplett schließen lassen - zum Teil doppelstöckig über den S-Bahn-Gleisen.

 

 

Der Text folgt in Kürze



V.
Die LKW-Maut

Die Tragikomödie um die Einführung der "LKW-Maut" dauert nun schon eine ganze Zeit an. Allein mit der Aufzählung aller Pannen ließen sich viele Seiten füllen. Hier werden zur Beleuchtung der Situation zwei Artikel gezeigt:


DER TAGESSPIEGEL                           NR. 18 580 / SONNABEND, 28. AUGUST 2004

Mautbetreiber kommt nur langsam voran
Spediteursverband: Erst 37 000 Bordcomputer eingebaut
Toll Collect verlängert Bonusprogramm

BERLIN - Die Vorbereitung der Einführung der Lkw-Maut läuft bisher offenbar nur schleppend. Bisher seien nur 37 000 Bordcomputer, die so genannten Obus, in Fahrzeuge eingebaut worden, teilte der Bundesverband Güterkraftverkehr (BGL) am Donnerstag unter Berufung auf ein Treffen mit Toll-Collect-Chef Christoph Bellmer mit. Das Mautkonsortium wollte die Zahl allerdings nicht bestätigen. Allerdings laufen derzeit Bemühungen, die Spediteure stärker für den baldigen Einbau von Obus zu gewinnen. Toll Collect verlängerte ein Bonusprogramm, nach dem die ersten 200 000 Besteller eine Prämie von 50 Euro erhalten, um zwei Monate bis Jahresende.
     Für das Mautkonsortium ist es der dritte Anlauf zum Start seines Systems.
Mautkonsortium hält am Start im Januar 2005 fest
Ursprünglich sollte es bereits seit Spätsommer 2003 arbeiten. Die damals bereits installierten 120000 Obus, die für die automatische Mautberechnung per Satellit benötigt werden, müssen ausgetauscht werden. Der jetzt geplante Starttermin ist Januar 2005.
     Doch der Einbau der Obus erfolge bisher schleppend, sagte BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt dem Tagesspiegel. „Im Moment erfolgt das Einbaugeschäft nicht unter Volllast." Bis Mitte Oktober sollen die bisherigen Bestellungen abgearbeitet sein. Schmidt erwartet 200 000 eingebaute Geräte. „Wer heute eine Obu bestellt, kann erst ab Mitte Oktober mit dem Einbau rechnen", sagte Schmidt. Dann werde es eng. Im Weihnachtsgeschäft sei es für Spediteure sehr schwierig, ihre Lastwagen aus dem laufenden Betrieb abzuziehen. Deshalb dürften nach seinen Schätzungen zwischen Oktober und Dezember noch einmal bis zu 150 000 Geräte eingebaut werden. Für einen erfolgreichen Start des Mautsystems brauche man jedoch 400 000 Obus, weil sonst zu viele Lkw-Fahrer ihre Strecken an den Automaten an Tankstellen oder im Internet buchen müssen. Ein Toll-Collect-Sprecher sagte aber: „Wir können auch mit weniger Geräten starten." Auch im Verkehrsministerium hieß es, es gebe keinen Hinweis darauf, dass der Starttermin gefährdet sei.

hop/dpa




DER TAGESSPIEGEL                           NR. 18 580 / SONNABEND, 28. AUGUST 2004


Toll Collect
stahl Landkarten
im Internet
Gericht verurteilte das Maut-Konsortium, das sich
Daten vom Computer einer Berliner Firma holte


VON  FATINA  KEILANI



Etwas orientierungslos hat die Firma Toll Collect schon früher gewirkt, nun hat sie sich im Internet ein paar Landkarten besorgt. Das allerdings fiel ihr kürzlich ebenfalls auf die Füße: Die Landkarten gehören nämlich einer anderen Firma. Jetzt wurde Toll Collect vom Landgericht für den Datenklau zur Unterlassung verurteilt; über Schadensersatz soll gesondert entschieden werden. Toll Collect ist das Konsortium aus Daimler-Chrysler und Deutscher Telekom, das Deutschlands Autobahnen schon 2003 mit einem funktionierenden Mautsystem versehen sollte, dies aber bis heute nicht geschafft hat.
Geschädigt wurde die Berliner Firma Euro Cities. Sie bietet im Internet elektronisches Kartenmaterial an. Besonders bekannt ist ihre Seite www.stadtplan-dienst.de. „Eines Tages fand man durch Zufall heraus, dass Toll Collect elektronisches Kartenmaterial im Wert von 532 000 Euro aus der Datenbank von Euro Cities heruntergeladen hat", sagt der Rechtsanwalt und CDU-Politiker Uwe Lehmann-Brauns, der für den Kartenhersteller vor Gericht zog. „Die Schadensersatzklage geht raus, sobald das Urteil rechtskräftig ist", bekräftigt Euro Cities-Vorstand Hans Biermann.
Bei Toll Collect will man sich zu der Sache nicht äußern.
Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, denn wir haben Berufung eingelegt", sagte Sprecher Harald Lindlar. „Im Übrigen brauchen wir für den Maut-Start keine Stadtpläne, sondern nur unser Kanten-Knoten-Modell." Damit ist eine abstrakte Darstellung der Autobahnen und ihrer Knotenpunkte gemeint, ähnlich einem U-Bahn-Plan.
Dennoch wurden von einem Toll Collect-Computer die Landkarten von Stuttgart, Berlin und Deutschland in verschiedenen Maßstäben heruntergeladen; insgesamt 202 Megabyte Datenmaterial. Das ist illegal und war technisch nur möglich, weil ein spezielles Programm mit dem Namen „Httrack" (gesprochen: Häträck) eingesetzt wurde. „Httrack ist ein Spezialprogramm für das Kopieren ganzer Webserver", sagt Biermann. „Sie können damit sogar per Menü den Absender verschleiern. Das haben die auch alles gemacht." Ob das ein Mitarbeiter auf Eigeninitiative tat oder im Firmenauftrag handelte, ließ sich vor Gericht nicht klären.
Vor dem Zivilgericht muss jede Partei ihre Behauptungen beweisen und die der anderen Seite möglichst entkräften. Aus dem Urteil des Landgerichts geht indes hervor, dass Toll Collect sich in diesem Punkt wenig Mühe gegeben hat. Mehrfach schreiben die Richter, dass das Vorgetragene nicht ausreicht, um die Angaben der Kläger zu entkräften. In der Berufungsinstanz hat Toll Collect keine sehr großen Möglichkeiten mehr, das einmal Verpasste noch nachzuholen.

Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.