Das sozialverträgliche Ableben

Es gibt nur eine wirksame Möglichkeit, die Rentenausgaben zu reduzieren: die Menschen dürfen eben nicht zu alt werden.

Da Tabakkonsum nachweislich schädliche und somit lebensverkürzende Wirkungen hat, darf der Tabakkonsum natürlich nicht zurückgehen. Deshalb wird Zigarettenwerbung auch nicht verboten, und deshalb wird eine drastische Erhöhung der Tabaksteuer auch niemals kommen. Wenn schon Steuererhöhung, dann nur in homöopathischen Dosen. Die Leute könnten ja sonst wirklich vom Tabak lassen und würden dann möglicherweise noch länger leben und damit die Rentenkasse in weitere Schwierigkeiten bringen.

So sieht es auch die Zeitung "DER TAGESSPIEGEL", aus dem hier einzelne Passagen aus einem Beitrag von Cordula Eubel zitiert werden:


Schokosteuer

Wie läßt sich im Gesundheitswesen Geld sparen? Es gibt wohl kaum eine Idee, die nicht schon einmal diskutiert worden wäre - mal mehr, mal weniger ernsthaft. Etwa, daß Bungeespringer oder Fallschirmspringer ihre Unfälle gefälligst selbst bezahlen sollen. Aber Sport sei doch viel gesünder, als mit einer Tüte Chips vor dem Fernseher zu sitzen und sich nicht zu bewegen, argumentiert die Gegenseite. Wer raucht, soll höhere Krankenkassenbeiträge zahlen, fordern Nichtraucher. Auch nicht gerecht, widerspricht der Wissenschaftler Bernd Rürup, weil Raucher die Rentenkasse weniger kosteten. Schließlich stürben sie im Durchschnitt auch früher. Eines scheint zumindest sicher: Eine Schokoladensteuer werde es nicht geben, versichert Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Schließlich liebt die Ministerin selbst Aachener Printen. ce

Operationen nicht mehr für Alte?

Deutsche Wissenschaftler hatten sich in der Sendung "Report Mainz" dafür ausgesprochen, älteren Menschen bestimmte Behandlungen nicht mehr zu bezahlen. Wer älter als 75 Jahre sei, solle zum Beispiel keine Herzoperation mehr bezahlt bekommen, fordert der "Gesundheitsökonom" Friedrich Breyer. Die Nutzen sei zu gering, die Kosten zu hoch, argumentiert der Professor.

Auch nach Ansicht des katholischen Theologieprofessors (!) Joachim Wiemeyer müßten vor "allen Dingen für Jüngere medizinische Leistungen" bereitgestellt, "aber nicht für jede lebensverlängernde Maßnahme für sehr alte Leute" bezahlt werden. In solchen Fällen könne man sich auf die Behandlung akuter Schmerzen beschränken, sagte Wiemeyer weiter.

Die Niederlande waren mit einem ähnlichen Sparpaket gescheitert: Über 50-Jährige sollten keine Herztransplantationen mehr bezahlt bekommen. Der Widerstand in der Bevölkerung war so groß, daß die Regierung nicht einmal einen Gesetzesentwurf vorlegte.

Quelle: DER TAGESSPIEGEL Nr. 18 138 / Dienstag, 3. Juni 2003 / Seite 4


An dieser Stelle sei der sicherlich sehr wirksame gesundheitsökonomische Vorschlag gemacht, sämtliche Rentenbezieher per Gesetz von den Leistungen der Krankenversicherungen auszuschließen. Sie sind zwar weiter verpflichtet, Krankenkassenbeiträge (für die Jüngeren) zu zahlen, dürfen aber nicht mehr Leistungen der Krankenkassen in Anspruch nehmen. Zudem werden alle Ärzte per Gesetz unter Androhung der Approbationsentziehung verpflichtet, keine Rentner mehr zu behandeln (auch nicht als Privatpatienten). In den Apotheken dürfen nur noch lebensverkürzende Mittel an Rentner abgegeben werden. Dann dürften sich durch sozialverträgliches Ableben die meisten Probleme von selbst regeln.

Leider wird dieser gutgemeinte gesundheitsökonomische Vorschlag mit Sicherheit nicht die Zustimmung der Pharma-Industrie und der Ärzteschaft finden, denn beide Interessengruppen verdienen an den Rentnern sehr, sehr gut  . . .

Wenn der Staat nun garkeine Möglichkeit mehr hat, die Gehälter und Pensionen für sein Beamtenheer zu zahlen, weil die Zinsen für die bisherigen Staatsschulden höher sind als sämtliche Steuereinnahmen, könnte man ja der Rentenformel noch einen Verbesserungsfaktor hinzufügen: Die volle Rente bekommt ein Anspruchsberechtigter nur ein Jahr lang. Im 2. Jahr seines Rentnerdaseins erhält der Rentner 3,6% weniger. Im nächsten Jahr werden es wieder 3,6% weniger usw. Wenn dann die Rente auf einen Betrag absinkt, der unter 844,00 € liegt, kann er ja einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen bei dem für ihn zuständigen Grundsicherungsamt stellen. Wie das funktioniert, wird eingehend im vorigen Kapitel beschrieben.

Nun muß der Staat ja - wie wir alle wissen - sparen, aber nur an der richtigen Stelle! Darum sind die Grundsicherungsämter auch sehr, sehr sparsam besetzt. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat tausende von Anträgen zu bearbeiten. Natürlich dauert die Bearbeitung eines solchen Antrages viele, viele Monate und vielleicht auch viele, viele Jahre. Und wenn dann wirklich ein Bescheid ins Haus flattert, kommt das Geld noch lange nicht  . . .

Gegen die Entscheidung des zuständigen Grundsicherungsamtes wäre dann der Rechtsbehelf des Widerspruchs möglich - allerdings nur innerhalb der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat nach Bekanntmachung des Bescheides. Der Widerspruch wird genau von den Beamten bearbeitet, die den angefochtenen Bescheid verfaßt haben. Das dauert erst einmal Monate. Dann entscheiden die Vorgesetzten in der Beamtenhierarchie über den Widerspruchsbescheid. Auch das dauert wiederum Monate. Schließlich wird der von den Vorgesetzten abgesegnete Widerspruchsbescheid dem Rentner bekanntgemacht.

Wenn der Rentner nicht mit dem Widerspruchsbescheid zufrieden ist, steht ihm der Weg zum zuständigen Verwaltungsgericht offen - allerdings auch nur innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung des Widerspruchsbescheides. Und ein Verfahren vor einem deutschen Verwaltungsgericht kann sich über mehrere Jahre hinziehen. Ob da der Rentner noch lebt?

Wenn sich der Antrag in der Zwischenzeit nicht durch sozialverträgliches Ableben von selbst erledigt hat, bleibt also dem Rentner und Antragsteller immer noch die Möglichkeit, in die Apotheke zu gehen und  . . .  

Angesichts dieser Fürsorge kann doch wirklich niemand mehr behaupten, unser Staat sei unsozial. Unsozial sind vielmehr die Rentner, die sich einfach weigern, rechtzeitig zu sterben. Ein staatsbewußter Rentner hat gefälligst spätestens am dritten Tag nach Beendigung seiner Berufstätigkeit die irdische Welt zu verlassen!

Nur ein toter Rentner ist ein guter Rentner. Oder sehe ich hier etwas falsch???

 

Manfred Ganady, Rentner

 


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