Die vorprogrammierte allgemeine Verarmung
(Die "Hartz-Gesetze")


Das gesamte bisherige Sozialsystem ist im Laufe der letzten Jahre völlig aus den Fugen geraten. Die Planer und Macher hatten sich darauf verlassen, daß es in Deutschland ein ununterbrochenes Wirtschaftswachstum gäbe. Alle glaubten daran - die Arbeitgeber, die Gewerkschaften und die Politiker. Nach einem bestimmten Ritual gab es (und gibt es auch heute noch) "Tarifrunden", bei denen die Gewerkschaften versuchen, für immer weniger Arbeit immer höhere Löhne herauszuholen. Es ist noch nicht lange her, daß die IG Metall große Plakat- und auch Streik-Aktionen durchgeführt hatte, um die 35-Stunden-Woche durchzudrücken.

Inzwischen ist die Bundesrepublik Deutschland weltweit das Land mit den höchsten Löhnen, der niedrigsten Wochenarbeitszeit und den meisten Urlaubstagen. Die hohen Löhne schlagen voll auf die Preise für Waren und Dienstleistungen durch. Für andere Länder sind deutsche Waren und deutsche Dienstleistungen daher kaum noch bezahlbar. Der Export schrumpft, die Betriebe müssen ihre Belegschaften verkleinern und als Folge dieser Entwicklung werden immer mehr Arbeitnehmer arbeitslos.

Allen diesen Entwicklungen zum Trotz machen die Gewerkschaften in der alten Manier weiter und fordern unbeirrt höhere Löhne, obwohl sie wissen, daß jede durchgekämpfte Lohnerhöhung im Endeffekt neue Arbeitslose produziert. Und die SPD macht jetzt auf großflächigen Plakaten Wahlkampf-Werbung, auf denen ein wohlgenährter "Arbeitnehmer" abgebildet ist, und wo zu lesen steht: "Guter Lohn für gute Arbeit. SPD". Durch solche Primitiv-Werbung werden die Gewerkschaften geradezu ermuntert, immer weitere und höhe Forderungen zu stellen, die weitere Arbeitsplätze in Gefahr bringen und damit zur Steigerung der Massenarbeitslosigkeit beitragen. Mit dieser Aktion zeigt sich die SPD als unfähig, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme dieses Landes zu lösen.

Aus der Natur sollte jeder denkende Mensch wissen, daß jedes Wachstum seine Grenzen hat. Es ist noch nie ein Baum in den Himmel gewachsen. Es gibt für jedes Wachstum eine Grenze, und im Hinblick auf die deutsche Volkswirtschaft ist diese Grenze bereits erreicht. Wenn kein Wachstum mehr möglich ist, beginnen innerhalb des Systems gnadenlose Verteilungskämpfe. Jede gesellschaftliche Gruppierung versucht mit Gewalt, ihre Eigeninteressen auf Kosten der Anderen durchzusetzen. Jeder wird zum Feind des Anderen.

Die Pharmaindustrie, die Ärzteschaft und die Krankenhäuser haben mit der brutalen Durchsetzung ihrer Ansprüche (z. B. maßlos überhöhte Medikamentenpreise, Honorare und Verwaltungskosten) die gesetzliche Krankenversicherung überfordert. Dazu kommt, daß auf Grund der hohen Arbeitslosenzahl empfindliche Lücken bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung entstehen. Die einkommenden Versicherungsbeiträge decken längst nicht mehr die von den Versicherungsträgern zu erbringenden Leistungen. Der Staat muß einspringen.

Jetzt sind die maßlos überbezahlten Regierungs- und Oppositions-Politiker am Ende ihrer angelernten Weisheit. Es wurden mehrere "Expertenkommissionen" eingesetzt: die "Rürup-Kommission", die "Herzog-Kommission" und die "Hartz-Kommission". Doch was kam (bisher) dabei heraus?

Von der "Herzog-Kommission" kam der Vorschlag einer "Kopfpauschale" für die Krankenversicherung. Im Klartext heißt das, daß jeder - egal, ob Politiker, Manager, Arbeitsloser oder Sozialhilfeempfänger - den gleichen Krankenversicherungsbetrag zu zahlen habe. Bei dieser "Patent-Lösung" hätte die Arbeitslosenquote keinen Einfluß mehr auf die Einnahmen der Krankenkassen.

Doch hier wurde eine unpraktikable "Milchmädchen-Rechnung" präsentiert. Über die Höhe der geplanten "Kopfpauschale" wurden bisher verschiedenen Zahlen genannt. Einmal hieß es, die "Kopfpauschale" würde bei 150 € pro Monat liegen, dann waren 170 € im Gespräch; realistischerweise müßte man wohl mindestens 200 € monatlich verlangen. Für die Gutverdienenden - Politiker, Parlamentarier, Manager, Beamte, Ärzte, Juristen etc. - stellen solche  festen  Pauschal-Beiträge eine erhebliche Entlastung gegenüber einkommensabhängigen  Krankenversicherungs-Beiträgen dar. Für Geringverdiener - Arbeitslose, Grundsicherungs- und Sozialhilfeempfänger sowie für einen beträchlichen Teil der Rentner - würde diese Regelung dagegen eine Katastrophe bedeuten.

Bei der einkommensabhängigen Krankenversicherung liegen die monatlichen Beiträge bei etwa 14% der Einkünfte. Das ist für Jeden bezahlbar.

Wenn man bei der "Kopfpauschale" von einem Monatsbeitrag in Höhe von 175 € ausgeht, zahlt jemand, der 5000 € im Monat verdient, lediglich 3,5% seiner Einkünfte. Jemand, der aber im Monat nur 350 € "Einkünfte" hat - und das sind in der Bundesrepublik Deutschland viele Millionen Bürger - müßte also 50% (!) seines "Einkommens" für seine Krankenversicherung ausgeben. Da kein Grundsicherungs- oder Sozialhilfeempfänger von dem ihm dann noch verbleibenden Rest leben kann, müßte also wieder der Staat einspringen und für Millionen von Berechtigten die "Kopfpauschale" selbst bezahlen. Allein durch diese absurde Idee mit der Kopfpauschale hat sich die CDU als regierungsunfähig wiesen.

Auf dem gleichen Niveau befinden sich die "Hartz-Gesetze", die vom Bundestag gemeinsam vom Regierungslager und der Opposition beschlossen worden sind. Sogenannte "Langzeit-Arbeitslose", die während ihrer aktiven Arbeitsjahre laufend Beiträge für die Arbeitslosen-Versicherung bezahlt hatten, kommen jetzt ab 2005 in die Sozialhilfe. Die Kommission um Herrn Hartz ist der Meinung, daß die damit verbundene Einkommensverschlechterung die Arbeitslosen motivieren würde, wieder eine Arbeit anzunehmen. Nun gibt es jedoch kaum noch irgendwelche Arbeit. Insofern ist "Hartz IV" purer Zynismus. Die überbezahlten Parlamentarier im Deutschen Bundestag haben mit der Verabschiedung dieser Gesetze gezeigt, daß Parteidisziplin und Fraktionszwang bei ihnen Vorrang haben vor Logik und Einsicht. Sie haben ihre eigene Unfähigkeit offenbart.

Die horrende Unfähigkeit der als "Gesetzgeber" funktionierenden überbezahlten Parlamentsfunktionäre erweist sich an einem besonders krassen Fall: es gibt ca. 393.000 Personen, die von der sogenannten "58er-Regelung" Gebrauch gemacht hatten. Sie hatten - auf gesetzlicher Grundlage - mit der "Bundesanstalt/-agentur für Arbeit" eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach sie dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen müssen, gleichwohl aber bis zur Rente ohne Abschläge Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhalten. Damit sollten neue Arbeitsplätze für die (jüngeren) Nachrücker geschaffen werden.

Der Staat hat seine Zusagen nicht eingehalten. Diese 393.000 Staatsbürger werden durch "Hartz IV" völlig enteignet. Sie gelten jetzt als "Langzeitarbeitslose" (nach Peter Hartz also als "Drückeberger"). Diese 393.000 Staatsbürger, die ihr Leben lang gearbeitet und in die Sozialversicherung eingezahlt haben, müssen nach Hartz erst ihr angespartes Vermögen für ihre Altersversogung - eingeschlossen Lebensversicherungen und Wertpapiere - völlig aufessen, bevor sie Anspruch auf Sozialhilfe haben. Diese Regelung wird von dem Grünen-Sozialpolitiker Markus Kurth mit der Begründung verteidigt, es gehe um "berechtigte Ansprüche der Steuerzahler". Herr Kurth hat übersieht dabei, daß diese 393.000 Staatsbürger ihr ganzes Berufsleben lang Steuern gezahlt haben und jetzt vom Staat betrogen werden. Es ist nur zu hoffen, daß das Bundesverfassungsgericht diesen Sozialbetrug kippt. Mit dieser Haltung haben nun auch die Grünen ihre Regierungsunfähigkeit dokumentiert - trotz ihres Aktivpostens Joschka Fischer.

Die drastische Einkommensverschlechterung bei einer nicht gerade kleinen Bevölkerungsgruppe hat negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt. Wenn die Kaufkraft fehlt, wird nur noch das Nötigste gekauft. Zuerst wird der Einzelhandel abgewürgt. Sowohl Kaufhaus-Konzerne als auch Tante-Emma-Läden geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es muß in der Einzelhandels-Branche zwangsläufig zu (weiteren) Entlassungen kommen, wodurch die Zahl der Arbeitslosen weiter anwächst. Wer nun selbst arbeitslos wird, muß sich bei seinen Einkäufen beschränken, wodurch die Einzelhandels-Umsätze noch weiter zurückgehen. Im gleichen Maße haben der Großhandel, der Import und die Konsumgüter-Produktion Einbußen und kommen in Schwierigkeiten. Es ist ein verhängnisvoller Kreislauf. Schließlich wird der gesamte Binnenmarkt zusammenbrechen.

Hinzu kommt noch der Effekt der sogenannten "Globalisierung". Durch Aktienmanipulationen, feindliche Übernahmen und Bestechung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern geraten immer mehr inländische Firmen in den Besitz ausländischer oder multinationaler Großkonzerne. Von dort aus betrachtet man die Entwicklung der Lohnkosten und der Lohnnebenkosten in der Bundesrepublik Deutschland äußerst kritisch. Wenn sich dann auf dem deutschen Markt kaum noch etwas verkaufen läßt, weil eben die Kaufkraft fehlt, wird der Standort Deutschland für die globalen Multi-Konzerne nicht nur uninteressant, sondern eine Belastung. Und im internationalen Geschäft trennt man sich sehr schnell von Objekten, die nur eine Belastung darstellen. Zurück bleiben neue - zusätzliche - Arbeitslose.

Seitens der Politik kommt eine Begrenzung der ausländischen Besitzanteile an deutschen Unternehmen auf 49% - wie es von anderen Staaten gehandhabt wurde und zum Teil auch noch gehandhabt wird - nicht in Frage. Eine solche Begrenzung wird als "Protektionismus" verteufelt. Doch die negativen Folgen dieser "Globalisierung" sind offensichtlich und greifbar.

Bereits jetzt gehen die Leute massenweise auf die Straße und protestieren gegen diese Verarmungs-Politik, die zwangsläufig in eine generelle Abwärts-Spirale führen muß. Doch die derzeitigen Spitzenpolitiker wiederholen lediglich automatenhaft: "Die Reformen sind richtig! Wie müssen sie nur den Leuten richtig vermitteln. Nachbesserungen gibt es nicht!"

Montagsdemo im Kanzleramt
Quelle: DER TAGESSPIEGEL Nr. 18569 vom 17. August 2004, Seite 8

Die etablierten Parteien und ihre Anführer fürchten das Volk und wehren sich mit Vehemenz gegen Volksbefragungen und Volksentscheide auf Bundesebene. Das Volk soll entmachtet und wehrlos bleiben.

Hier hilft nur noch der (Ab-)Wahlzettel. Doch wen soll man jetzt noch wählen? Die etablierten Parteien haben voll und ganz versagt. Ihre inneren Strukturen sind verkrustet. Die Parteispitzen haben den Kontakt zur Realität verloren. Nötig wäre eine neue - demokratische - Parteienstruktur in diesem Lande. Nötig wären eine neue "demokratisch-soziale" Partei, die sich nicht in den Fängen der Gewerkschaften befindet, und nötig wäre eine neue "bürgerlich-konservative" Partei, die sich nicht in den Fängen der Interessenverbände befindet. Bestrebungen sind bereits im Gange. Sie werden von den etablierten Parteien natürlich bekämpft oder lächerlich gemacht. Doch es wird wohl kaum einen anderen Weg aus der jetzigen Misere geben.

 

Gegen Ende der 20er Jahre hatten wir in Deutschland schon einmal eine ähnliche Situation. Durch die damalige Wirtschaftskrise und die daraus resultierende Massenarbeitslosigkeit bei gleichzeitiger völliger Hilf- und Ideenlosigkeit der Politiker wurde der Boden für radikale Parteien vorbereitet. Wie es dann nach dem 30. Januar 1933 weiterging, wissen wir alle.

 

Soll es wieder soweit kommen?

 


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