Die Geschichte der Musenhöhle

Hundeschicksale

Ernani von der Musenhöhle


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Ernani war der Erstgeborene in unserem Wurf vom 17.12.1988. Ich leistete Geburtshilfe, befreite ihn von den Resten der Fruchtblase, tupfte ihn ab und legte ihn an Brangänes Zitzen, die prall gefüllt waren. Nach ein paar Sekunden hatte er begriffen, was er zu tun hatte, doch das gefiel seiner Mutter Brangäne nicht. Ich sah, wie sich ihre Rückenhaare sträubten und sie zubeißen wollte, konnte aber noch in der letzten Sekunde eingreifen und brüllte sie derart an, daß sie einen Schreck bekam und sofort losließ. Als dann der zweite Welpe - Erda - kam, hatte sie sich bereits an den neuen Zustand gewöhnt und leckte ihren Nachwuchs sauber. Danach kamen in kurzen Abständen noch zwei Hündinnen, die wir später Euryanthe und Elektra nannten.

Die Welpen entwickelten sich hervorragend. Ernani und Erda und Elektra hatten den tollen Brand ihres Vaters Ago von dem Ahornthal geerbt, während Euryanthe und Elektra ganz nach ihrer Mutter Brangäne kamen.

Wegen der großen Ähnlichkeit Euryanthes mit ihrer Mutter Brangäne und ihrer Großmutter Amneris entschlossen wir uns, aus diesem Wurf nur Euryanthe zu behalten. Ernani, Erda und Elektra hatten wir daher bei der Welpenvermittlung des Deutschen Teckelklubs angemeldet. Doch die Vermittlung war äußerst zögerlich. Nach dem Erfolg auf der Klubsieger-Zuchtschau 1988, wo unsere Brangäne von der Musenhöhle den Klubsieger-Titel errungen hatte, wurden kaum noch Welpen von uns vermittelt.

Als die beiden Hündinnen Erda und Elektra endlich untergebracht waren, meldete sich dann eine Familie Schaber aus Berlin-Reinickendorf bei uns. Sie sahen sich den inzwischen neun Monate alten Junghund an, waren sofort begeistert und kauften ihn uns ab.

Natürlich hielten wir telefonisch den Kontakt mit den Käufern aufrecht. Es kam zu Besuchen, und jedes Mal, wenn Ernani mich sah, war die Freude riesig. Wenn ich dort war, vergaß Ernani Frauchen und Herrchen.

Natürlich blieb es nicht aus, daß wir uns auch über den Deutschen Teckelklub unterhielten. Und da wurde mein Verdacht bestätigt, daß seitens der Arbeitsgemeinschaft Berlin unsere Zucht systematisch blockiert wurde.

Auf welche Weise damals seitens der Welpenvermittlung gegen mich vorgegangen wurde, schrieb Frau Schaber dann in einer Erklärung nieder:

 

 

LORE SCHABER
An der Koppel 6
1000 Berlin 51
Tel.: (030) 496 20 80

 

E r k l ä r u n g
=================

Im August 1989 rief ich bei der Welpenvermittlung des Deutschen Teckelklubs in Berlin an, weil mein Mann und ich einen schwarzen Kurzhaar-Zwergteckelrüden kaufen wollten.

Es meldete sich eine Dame, der ich meinen Wunsch nach einem Kurz-
haar-Zwerg vortrug. Sie nannte mir daraufhin drei oder vier Telefonnummern von Züchtern. Als ich dann bei diesen Züchtern anrief, stellte es sich heraus, daß diese überhaupt keine Kurzhaar-Zwerge züchten, sondern ausschließlich rauh- oder langhaarige Teckel. Die von mir angesprochenen Züchter waren sehr verwundert über diese Art von "Vermittlung" und gaben mir den Rat, mich nochmals an die Welpenvermittlung zu wenden, wobei mir der Name Becker genannte wurde.

Ich rief also noch einmal bei der Welpenvermittlung an. Es handelte sich tatsächlich um eine Frau Becker. Diese sagte mir, daß es zwar noch einen Züchter in Berlin gäbe; sie warnte mich jedoch zugleich, einen Hund aus dieser Zucht zu kaufen. Mit der Sauberkeit sei "nicht alles in Ordnung", so seien schon mehrere Hunde von den Käufern an den Züchter zurück- gegeben worden.

Ich entgegnete, damit würde ich schon fertig werden; schließlich habe ich mein Leben lang immer Hunde besessen und bin mit Teckeln aufgewachsen. Daraufhin teilte mir Frau Becker schließlich die Telefonnummer von Herrn Ganady mit und meinte, mit einem Hund aus dessen Zucht würde ich noch mein blaues Wunder erleben.


Wir ließen uns jedoch nicht von Frau Becker abschrecken und kauften den Jungrüden Ernani von der Musenhöhle (Wurftag 17.12.1988, Tätowierungsnummer 50 PB 18) von Herrn Ganady.

Wir haben diesen Kauf nicht bereut. Der Jungrüde entwickelte sich zu einem sehr schönen Tier, ist gesund und robust, hat ein selten liebes und anhängliches Wesen und verträgt sich auch gut mit Kindern; ein Zeichen für eine fabelhafte Zucht. Wir hoffen, daß wir ihn noch lange haben dürfen.

1000 Berlin 51, den 30.6.1992

gez. Lore Schaber

 

 


Eine Kopie dieser Erklärung von Frau Schaber schickte ich an Herrn Giebecke. Doch dieser reagierte nur mit der Behauptung: "Sie sind ein Renegat" - ohne offensichtlich überhaupt zu wissen, was ein Renegat ist.

Als Herr Schaber ernstlich erkrankte, nahmen wir Ernani in Pflege. Er fühlte sich sofort wohl bei uns. Auch während einer Rehabilitationszeit hatten wir ihn wieder. Doch dann mußte Herr Schaber wieder ins Krankenhaus. Danach mußte er sich einer Chemotherapie unterziehen. Da Familie Schaber befürchtete, daß die Chemotherapie indirekte Auswirkungen auf den Hund haben könnte, der - wie die meisten Dackel - nachts bei Frauchen und Herrchen im Bett schlief, nahmen wir ihn natürlich wieder in Pflege.

Die Chemotherapie hatte nicht geholfen; Herr Schaber verstarb im Jahr 1994. Sein Frauchen hatte aber Sehnsucht nach ihm, und so kam sie zu uns in den Spreewald zu Besuch. Ich holte sie aus Berlin-Reinickendorf ab, und dann machten wir täglich Fahrten mit Ernani durch den Spreewald und nach Cottbus. Als ich sie wieder nach Berlin brachte, war es für sie sehr einsam ohne Mann und Hund.

Frau Schaber löste dann ihre Wohnung auf und zog zu Tochter, Schwiegersohn und Enkeln nach Berlin-Frohnau. Dort besuchte ich sie des öfteren. Zur Jahreswende wollte sie noch einmal ihren Hund besuchen. Doch irgendetwas stimmte nicht mit ihr; nach ein paar Tagen wollte sie wieder zurück nach Berlin. Die Fahrt war schlimm, denn auf den Straßen herrschte Glatteis; ich wollte schon beinahe umkehren. Doch dann setzte Tauwetter ein und wir kamen glücklich in Berlin an.

Einige Monate danmach kam ein Anruf von ihr. Ich erfuhr von ihr, daß sie nicht mehr lange zu leben habe. Sie bat mich, mich um ihren Hund zu kümmern und ihn niemals wegzugeben. Einige Wochen später erfuhr ich von ihrer Tochter von ihrem Ableben.

Seit 1994 lebte Ernani nun bei uns. Er wohnte im alten Bauernhaus im vorderen kleinen Wohnzimmer und schlief immer bei mir im Bett. Es entstand ein Vertrauensverhältnis zwischen Hund und Mensch, wie man es selten hat. Wenn Ernani mich ansah, hatte ich das Gefühl, er könnte meine Gedanken lesen, so wie ich meinerseits ihn nur anzusehen brauchte, wenn er etwas wollte.

Ich fuhr dann auch mit Ernani zu Zuchtschauen und Ausstellungen. Sein Brustumfang wurde mit 35 cm festgestellt; er war also ein Kurzhaar-Zwergteckel. Mehrmals hintereinander bekam er den Formwert "Vorzüglich". Am 2.6.1996 wäre er Landessieger geworden, wenn es nicht die hirnrissige FCI/VDH-Regelung gäbe, daß bei der Vergabe des Siegertitels die "V-Hunde" aus der "Offenen Klasse" mit Hunden aus der "Gebrauchshundklasse" und aus der "Championklasse" - sofern welche vorhanden sind - konkurrieren. Und es gibt kaum einen Richter, der es wagen würde, einem Hund aus der Championklasse, der bereits mehrere Siegertitel errungen hat, auch noch den weiteren Siegertitel zu verweigern. Also wurde Ernani trotz seines "V 1" nicht Landessieger.

Leider gibt es von Ernani keinen Nachwuchs. Die Hündinnen-Besitzer stießen sich alle an seiner Größe. Er war zwar nach den Zucht- und Eintragungsbestimmungen des Deutschen Teckelklubs ein Zwergteckel, aber er machte beinahe den Eindruck eines Standard-Teckels, wenn man keinen Vergleich in Form eines echten Normalschlag-Teckels dagegen hatte. Dieser Eindruck rührte von seinem kräftigen Rüdenkopf mit den riesigen Ohren her. Ich bedauerte diese Entscheidungen sehr. Doch schließlich schien sich doch noch eine Möglichkeit zu bieten. Ein Mitglied unserer Gruppe Cottbus besitzt eine schwarzrote Kurzhaar-Hündin mit dem Namen "Angie" und hat vor, mit ihr zu züchten. Die Hündin wurde auf einer DTK-Zuchtschau vorgeführt und bekam den Formwert "Sehr gut". Es durfte also mit ihr gezüchtet werden. Nun galt es also, einen passenden Partner zu finden.

Angie

Angie gehörte zum sogenannten "leichten Schlag" und war kleiner als die üblichen Normalschlag-Hündinnen. Zwecks-Bräutigam-Suche rief ich eine Reihe von Züchtern an und erfuhr, daß ein kleiner Normalschlag-Rüde in der Nähe von Lübeck wohnen solle. Doch mein Anruf war höchst unwillkommen. Als die Rüdenbesitzerin hörte, um was es ging, sagte sie, daß sie das nicht wolle. Auf meine etwas verständnislose Frage, warum sie dann mit diesem Rüden zu einer Zuchtschau gefahren sei und ihn dort vorgeführt habe, wenn sie überhaupt nicht wolle, daß der Rüde zur Erhaltung und Verbesserung Zucht beiträgt, wurde sie beinahe hysterisch und bezeichnete das Decken als "Schweinkram". Es war nichts zu machen: dieser Rüde schied als Partner für Angie aus. Und sämtliche andere Kurzhaar-Rüden, von denen ich wußte, schieden wegen ihrer Größe aus.

Ich sprach mit unserer Landeszuchtwartin über den Fall; sie machte den Vorschlag, vom Bundeszuchtwart eine Sondergenehmigung für eine Verpaarung von Angie mit einem großen Kurzhaar-Zwergrüden einzuholen. Und da gab es ja nun zwei Möglichkeiten, entweder unseren Ernani von der Musenhöhle oder Murphy von der Biebertaler Rasselbande, der sich im Besitz der Landeszuchtwartin befindet. Die entsprechende Genehmigung wurde erteilt und es wurde auf Angies Läufigkeit gewartet. Doch das klappte nicht. Die Läufigkeit schien sehr schleichend zu kommen und war kaum ausgeprägt. Als der Besitzer zu uns kam, holten wir Ernani, doch der war völlig uninteressiert. Aber auch Angie hatte keinerlei Interesse an dem Rüden. Entweder war die Hündin nicht richtig läufig oder es war nicht der richtige Tag. Zwei Tage später wiederholten wir den Versuch, aber die Hunde zeigten keinerlei Interesse aneinander. Als Test holte ich dann unseren Guntram, um festzustellen, ob das Desinteresse an der Hündin oder vielleicht an dem Rüden lag, aber bei Guntram verhielt sich die Hündin ebenso uninteressiert. Aber auch Guntram hatte kein Interesse. Also duftete die Hündin nicht interessant genug. Und ohne Interesse seitens der Hündin geht eine Verpaarung nicht.

Die meisten Hündinnen werden zweimal im Jahr läufig, doch es gibt welche, die - genau wie bei den Wölfen - nur einmal im Jahr läufig werden. Und zu denen gehörte Angie auch. Also mußten wir warten.

Im Sommer 2001 bemerkten meine Frau und ich eines Morgens, daß Ernanis linkes Auge geschwollen war. Die Schwellung wurde von Stunde zu Stunde schlimmer. Ich fuhr also mit ihm schleunigst zur Kleintierklinik nach Cottbus, da dort auch eine Fachärztin für Augenkrankheiten praktiziert. Zunächst wurde ein Glaukom vermutet, was mir aber als sehr unwahrscheinlich erschien. Die Schwellung stellte sich als ein riesiger Abszeß heraus, der bis hinter das Auge reichte und das Auge etwas nach vorn drückte. Als der Abszeß aufging, trat eine riesige Menge Flüssigkeit aus. Dann sah man zwei Stellen, die nur von einer Beißerei stammen konnten. Wer der Übeltäter war, der Ernani so zugerichtet hatte, war nicht festzustellen. Die Wunden heilten dann ziemlich schnell. Nur zwei Narben blieben zurück.

Seit einigen Jahren bildeten sich bei Ernani am Bach schwarze Warzen. Unsere Tierärzte waren der Ansicht, es sei gefährlich, daran herumzuschnippeln, denn Melanome werden oft sehr schnell wach, wenn man daran rührt. Auch in der Kleintierklinik in Cottbus riet man dringend von einer operativen Entfernung ab. Die Melanome vermehrten sich zwar langsam, aber keines schien bösartig zu werden.

Mehrere Jahre lang ging alles gut. Doch am Donnerstag, dem 31.1.2002, verweigerte er plötzlich seine Mittagsmahlzeit. Auch am Abend wollte er nichts haben. Er verkroch sich unter einer Decke. Ich nahm ihn mit in mein Arbeits-und Schlafzimmer und legte ihn ins Bett. Er war sehr apathisch. Nach einer Weile regte er sich wieder und hob den Kopf. Ich machte ein paar Fotos (siehe unten). Dann legte ich mich auch hin. Ein paar Stunden ging es gut, doch dann wurde er unruhig. Er wollte unbedingt hinaus. Ich setzte ihn auf den Fußboden; er stellte sich mit krummem Rücken hin und fühlte sich offensichtlich sehr unwohl. Dann schlich er zur Heizung und legte sich dort auf den nackten Fußboden, woraufhin ich in hochhob und ihm eine Decke unterlegte. Dann legte ich mich wieder hin, ließ aber eine Lampe brennen. Nachdem ich eine Weile geschlafen hatte, wurde ich dadurch geweckt, daß er geräuschvoll Wasser schlürfte. Er verschwand dann in der nebenstehenden Welpen-Hütte, in der schon einige Generationen unserer Hunde ihre ersten Wochen verbracht hatten. Nach einer Weile kam er wieder hervor und bekam einen krampfhaften Brechreiz, doch es kam nichts heraus. Ich dachte schon an eine Vergiftung, doch das war unwahrscheinlich, denn Zunge und Zahnfleisch waren normal durchblutet. Er blieb dann an der Heizung liegen. Ein paar Stunden später bekam er Durchfall und erbrach schaumigen weißen Schleim, beruhigte sich jedoch wieder.

Er verweigerte dann jegliche Nahrung, trank nur Unmengen Wasser, das er dann etwas später wieder herausbrachte und bekam wieder Durchfall. Doch er beruhigte sich immer wieder, legte sich dann an die Heizung und schlief wieder ein.

In der Nacht om Sonnabend zum Sonntag, dem 3.2.2002, trank er wieder sehr viel und brachte etwas später wieder alles als gelben schaumigen Schleim heraus. Da Ernani nichts gefressen hatte, was gelb war, deutete diese Farbe auf einen Leberschaden hin.

Am Sonntag, dem 3.2.2002, hatten wir um 15.00 Uhr Teckelklub-Versammlung in Bischdorf. Ich konnte schlecht absagen, mußte jedoch während der ganzen Zeit ständig an Ernani denken. Als wir zurückkamen, atmete er noch regelmäßig. Als ich mich ins kurz vor Mitternacht ins Bett legte, verschwand er wieder in der Welpenhütte. Ich stellte ihm noch einen Teller mit einem Leckerbissen in die Hütte, doch er drehte den Kopf weg.

Als ich um 2.00 Uhr wach wurde und nach ihm sah, lag er in der Hütte in derselben Stellung. Er war schon kalt.

Ernani ist 13 Jahre und 1 1/2 Monate alt geworden. Wir begruben ihn neben seiner Schwester Erda, die knapp drei Wochen vor ihm gestorben war.


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