Die ersten Tage nach Alphas Ende waren fürchterlich. Der leere Hundekorb stand in der Ecke; weder meine Frau noch ich brachten es fertig, ihn wegzuräumen. Das Essen wollte uns nicht schmecken; unsere Gedanken kehrten immer wieder zu Alpha zurück. Die große Wohnung erschien uns plötzlich sehr leer.
Wir waren uns einig, uns nie wieder einen Hund anzuschaffen. Doch diesen Vorsatz hielten wir nur zwei oder drei Tage durch. Es ging nicht mehr ohne Hund. Aber es sollte unbedingt einer wie Alpha-Susi sein, eine kleine schwarzrote Kurzhaarteckel-Hündin. Wir fuhren dann zum Tierheim Lankwitz, weil wir glaubten, wir könnten dort einen schwarzroten kleineren Kurzhaarteckel finden. Doch im Tierheim befanden sich ausschließlich große Mischlinge.
Dan erinnerten wir uns an Alphas Ahnentafel. Unter den Vorfahren Alphas waren wohlklingende Namen zu lesen, wie Hasso von Ottersitz, Trutz von der Steingrube, Solo vom Elfentann, Illo von Teutoburg etc.
Und wir fanden eine Adresse auf der Ahnentafel:
Ich schrieb also einen kurzen Brief an diese Adresse und schilderte, daß wir eine kleine schwarzrote Kurrzhaarteckel-Hündinsuchen. Prompt kam die Antwort: wir sollten uns bei einer Frau Edith Fritze in Berlin melden, die würde uns auf jeden Fall weiterhelfen. Es stellte sich heraus, daß diese Frau Fritze ganz in unserer Nähe wohnte, und zwar in der Regensburger Straße am Viktoria-Luise-Platz. Ich rief also Frau Fritze an und bekam von ihr zu hören, daß am 5.9.1982 ein Landessieger-Zuchtschau in Berlin- Wannsee stattfände. Sie beschrieb mir den Weg genau und sagte, wir sollten auf jeden Fall dort hinfahren.
Am 5.9.1982 pilgerten wir also nach Berlin-Wannsee zu dem beschriebenen Klubplatz. Man sah bereits im Wald einige Leute mit Teckeln an der Leine, und man konnte sich auch nach dem Gebell richten. Als wir auf dem Klubplatz-Gelände ankamen, herrschte dort ein großer Trubel. Mehr als 100 (!) Teckel waren zu sehen. Auf einmal entdeckten wir eine schwarzrote Kurzhaar-Hündin, die beinahe genau so aussah wie unsere selige Alpha. Wir sprachen die Besitzer an und erklärten unser Anliegen. Die Hündin wurde "Radieschen" gerufen; später erfuhren wir, daß sie tatsächlich so hieß: RADIESCHEN COMES DOMESTICUS. Die Besitzer verwiesen uns an einen freundlichen kleinen Herrn namens Christian M. Als dieser hörte, was wir suchen, sagte er, daß diese "sehr edle Rasse" sehr selten sei. Da könne nur Frau Fritze selber helfen. Er machte uns mit Frau Fritze bekannt, die zwar als Zuchtschauleiterin alle Hände voll zu tun hatte, aber dennoch für uns Zeit fand. Sie sagte, sie werde sich umsehen und uns anrufen.
Der Anruf kam wenige Tage später. Frau Fritze teilte uns mit, daß eine Freundin von ihr - eine Frau Gertig-Reye in Uelzen - zwei Kurzhaar-Zwergteckel-Welpen abzugeben habe, und zwar einen Rüden und eine Hündin. Sie gab mir die Uelzener Telefonnummer, damit ich mich selbst mit der Züchterin in Verbindung setzen könne.
Meine Mutter, die nach dem Tod ihrer Hündin "Hexe" in den 50er Jahren keinen Hund mehr gehabt hatte und jetzt allein in ihrer Wohnung in Berlin-Marienfelde lebte, und die an unseren Hunde-Problemen großen Anteil nahm, entschied sich ganz spontan, den Rüden zu nehmen. Ich rief also die Züchterin an und wir verabredeten uns für den 15.9.1982 in Uelzen. Aus den Kursbüchern suchte ich eine Bahnverbindung heraus, die uns morgens von Berlin über Marienborn -Helmstedt - Braunschweig - Gifhorn nach Uelzen brachte, während die Rückfahrt am Nachmittag von Uelzen über Lüneburg - Büchen - Schwanheide nach Berlin führte.
Wir waren also mittags in Uelzen am Bahnhof. Als Erkennungszeichen sollten wir ein Exemplar der Zeitschrift "DER DACHSHUND", das mir Frau Fritze gegeben hatte, sichtbar in der Hand haben. Die Erkennung klappte, wir stiegen in das Auto der Züchterin ein und wurden in die Farinastraße gefahren. Die Züchterin verschwand kurz, machte dann die Tür auf - und zwei Welpen rasten auf uns zu. Das waren der Robby und die Ruschelmieze von der Warthebrücke. Beide Hunde sahen prächtig aus, waren gut genährt und waren sehr vital. Meine Mutter und ich zahlten den vereinbarten Kaufpreis und erhielten die Ahnentafeln und die Impfpässe.
Dann wurden uns auch die anderen Hunde gezeigt, u. a. Amsel vom Täuberhorst - die Mutter von Robby und Ruschelmieze - und Valentino de Lanzoo, der Grßvater väterlichseits der beiden Hunde. Ich machte noch ein paar Fotos, die heute eine kostbare Erinnerung darstellen, und dann ging es wieder zurück zum Bahnhof.
Während der Fahrt kümmerte sich meine Mutter um die sanftere Ruschelmieze, während sie mir das Amt des Robby-Wächters aufbürdete. Schon beim Halt auf dem nächsten Bahnhof - es war Lüneburg - gab es das erste Problem. Robby gefiel die Bahnfahrt ganz und gar nicht. Er wollte unbedingt aus seiner Tasche heraus und wollte auf den Bahnsteig springen, wohl um mit dem nächsten Zug zurück nach Uelzen zu fahren.
In Büchen mußten wir eine Weile auf den Zug nach Berlin warten, ehe die Reise weitergehen konnte. Während Ruschi ruhig in der Tasche lag und meist schlief, steckte Robby ständig den Kopf aus dem Korb und drehte ihn in alle Himmelsrichtungen, als wolle er genau merken, wo er gerade war, um wieder den Weg zurück zu finden. Diese Eigenheit behielt er auch später bei, so beispielsweise bei Busfahrten, wo er ständig aus dem Fenster sah und auch genau wußte, wo wir aussteigen mußten.
Damals gab es in Schwanheide bzw. während der Fahrt zwischen Schwanheide und Wittenberge zwischen noch eine Grenzkontrolle. Wir hatten zwar für beide Hunde international anerkannt Impfpässe mit, aber bei den Grenzkontrollen wußte man vorher nie, was passiert. Ruschelmieze machte keine Probleme, Robby jedoch probte in seiner Korbtasche beständig den Aufstand. Um nicht aufzufallen, setzte ich Robby auf meine Kniee und legte eine leichte Decke über ihn. Die Grenzkontrolleure kamen, warfen einen Blick in unsere Personalausweise und gingan dann weiter. Als ich die Decke wieder von Robby wegnahhm, mußte ich feststellen, daß Robby ein beachtliches Häufchen auf meine Knie gelegt hatte. Nun war ich eine Weile beschäftigt, meine Hose einigermaßen zu reinigen.
In Berlin auf dem Bahnhof Berlin Zoologischer Garten wurden wir von meiner Frau und von meiner Tante Charlotte erwartet. Beide waren von den Hunden entzückt. Wir fuhren noch ein Stück gemeinsam mit der U-Bahn, bis sich unsere Wege trennten. Während meine Mutter mit Robby nach Marienfelde fuhr, fuhren wir mit Ruschi in unsere Wohnung in der Eisenacher Straße in Schöneberg.
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