Karl Goldmark
18.5.1830 Keszthely (Ungarn) - 2.1.1915 Wien

In Keszthely am Balaton wurde Karl Goldmark als Sohn eines jüdischen Kantors geboren. 1834 übersiedelte die Familie nach Deutschkreutz im Burgenland, wo er in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs. Mit 11 Jahren bekam er den ersten Geigenunterricht, mit 14 Jahren zog er nach Wien und gab dort im Alter von 18 Jahren seine ersten Soloauftritte als Geiger. Über viele Jahre wirkte er unbeachtet als Theatergeiger am Carltheater, wo er seine Einkünfte durch Klavierunterricht aufbesserte. 1863 erhielt er ein Stpendium für Musik, das ihm von den drei Kommissionsmitgliedern des Unterrichtsministeriums  Hanslick, Esser und Herbeck  zugesprochen wurde.

Mit 27 Jhren faßte er den Entschluß, mit eigenen Kompositionen vor das Publikum zu treten und mit 28 Jahren gab er sein erstes Konzert mit eigenen Werken. Zu Beginn der Sechziger Jahre war Goldmark als Bratschist eines jungen Streichquartett tätig. Diesem Quartett übergab Johannes Brahms sein später mehrfach umgearbeitetes Streichquartett in f-moll zur Probe. In dieser Zeit entwickele sich zwischen Brahms und Goldmark eine - nicht immer ganz problem lose - Freundschaft, die in zahlreichen Ausflügen und in einer gemeinsamen Italienreise zum Ausdruck kam. Goldmark gehörte daneben auch zu den regelmäßigen Gästen bei der Familie Johann Strauß. Gustav Mahler, der drei Goldmark-Opern auf seiner Dirigierliste hatte ("Heimchen am Herd" [1896], "Die Kriegsgefangene" [1899] und die Neuinszenierung von "Die Königin von Saba" [1901] ) und Goldmark begegneten sich mit einer gewissen Reserviertheit. Die wurde teilweise darauf zurückgeführt, daß Mahler es Goldmark stets verübelt hatte, daß dieser als Mitglied der Juroren-Kommission (bestehend aus Hanslick, Brahms, Hans Richter und Goldmark) in den Jahren 1878 und 1881 den "Beethoven-Preis" der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien nicht ihm, sodern Robert Fuchs und Victor von Herzfeld zugesprochen hatte.

Als Autodidakt schaffte er 1865 mit der Sakuntala-Ouvertüre den ersten Durchbruch, sufgeführt im 4. Philharmonischen Konzert der Saison 1865/66. Der Kritike Eduard Hanslick, der sie Aufführung insgesamt wohlwollend kritisierte, nahm allerdings wie in vielen späteren Kritiken an seinem "Dissonanzenreichtum" Anstoß. In der Uraufführung von von Goldmarks Ouvertüre "Im Frühling" stellte Eduard Hanslick die Frage, ob "der Dissonanzenkönig es über dich gewinnen wird, dem Mai zuliebe seine schneidenden Akkorde zu verabschieden", und in Goldmarks "Sappho-Ouvertüre" brandmarkte er dessen "Dissonanzenurwald".

Goldmarks Grabstätte befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (Alter jüdischer Friedhof, Tor 1).
1925 wurde der Goldmarkplatz in Wien-Hietzing ihm zu Ehren benannt.


Bedeutung

Karl Goldmark war am Ende des 19. Jahrhunderts ein sehr populärer Komponist, der mit Superlativen über häuft wurde. Jean Sibelius, zeitweiliger Schüler von Goldmark ab 1890, schrieb 1892, daß er in Wien einen außerordentlichen Ruf habe und man vielerorts beneidet würde, dessen Schüler zu sein. Julius Korngold, Nachfolger von Eduard Hanslick, sprach vom "Goldmark-Kultus". Karl Kraus bescheinigte ihm, seit Richard Wagners Tod der größte lebende Musikdramatiker zu sein. Er wurde nach Brahms' Tod gewissermaßen als der letzte Exponentdes sich verlierenden spätromantischen Zeitalters angesehen, wobei die ungarische Musikwelt ihn als "Nationalkomponist" bis heute mit größerer Aufmerksamkeit bedacht hat.

Sein bekanntestes Werk ist die 1875 uraufgeführte Oper "Die Königin von Saba", mit der er über Nacht berühmt wurde. Hanslick, der alles im Umkreis Richard Wagners Stehende befehdete, glaubte bei allen Opern Goldmarks eine zu große Nähe zu Richard Wagner feststellen zu müssen. Auch viele andere Kritiker stigmatisierten Goldmark als Wagnerepigone. Am schonungslosesten mit seiner Kritik gegenüber Goldmark war Hugo Wolf. Die Oper "Die Königin von Saba" war noch bis 1936 an der Wiener Staatsoper präsent. Das Verdikt der Nationalsozialisten sorgte für ein endgültiges Aufhören der Rezeption. Nach 1945 bot der Musikbetrieb Wiens Goldmark praktisch keinen Raum mehr.

Seine musikalischen Leitbilder waren Felix Mendelssohn-Bartholdy, Robert Schumann und später auch Richard Wagner. 1860 ist seine einzige Begegnung mit Wagner dokumentiert. Um die Jahrhundertwende war er neben Gustav Mahler und Ludwig Bösendorfer Mitglied im Komitee zur Anschaffung einer neuen Orgel für den Wiener Musikvereinssaal. In seinen späteren Jahren erhielt er neben zahlreichen Ehrungen die Ehrendoktorwürde der Universität Budapest.

 

Bühnenwerke:

Die Königin von Saba  (Text von Salomon Hermann von Mosenthal nach 1. Buch der Könige, Kap. 10), Oper in 4 Akten op. 77 (Uraufführung 10. März 1875 Wien, Hofoper)
Merlin (Text von Siegfried Lipiner), Oper in drei Akten (Uraufführung 19. November 1886 Wien, Hofoper)
Das Heimchen am Herd (Text von Alfred Maria Willner nach Charles Dickens "The Cricket on The Hearth"), Oper in 3 Akten (Uraufführung 21. März 1896 Wien, Hofoper)
Die Kriegsgefangene (Text von Emil Schlicht [= Alfred Formey]), Oper in 2 Akten (Uraufführung 17. Januar 1899 Wien, Hofoper)
Götz von Berlichingen (Text: Alfred Maria Willner nach J. W. von Goethe), Oper in 5 Akten (Uraufführung 16. Dezember 1902 Budapest, Nationaloper;  Neufassung Wien 1910)
Ein Wintermärchen (Text: Alfred Maria Willner nach Shakespeare), Oper in 3 Akten (Uraufführung 2. Januar 1908  Wien, Hofoper)


Ouvertüren:

Sakuntala op.13 (1865); erster großer Erfolg
Penthesilea op. 31 (nach Heinrich von Kleist, 1884)
Im Frühling  op. 36 (1887)
Der gefesselte Prometheus  op. 38  (1889)
Sappho  op. 44  (1894)
In Italien  op. 49 (1904)


Sinfonien:

Sinfonie Nr.1  op. 26  (Ländliche Hochzeit, 1877)
Sinfonie Nr. 2 Es-dur  op.35 (1887)


Orchesterwerke:

Konzert für Violine und Orchester a-moll  op.28


Chorwerke:

Regenlied  op. 10
Zwei Stücke für Herrenchor  op.14
Frühlingsnetz, für Herrenchor, 4 Hörner und Klavier  op. 15
Meeresstille und glückliche Fahrt, für Herrenchor un Hörner  op. 16
Zwei Stücke für Herrenchor  op. 17
Frühlingshymne, für Alt, Chor und Orchester  op. 23
Im Fuschertal, sechs Chorgesänge  op. 24
Psalm CXIII, für Solostimmen, Chor und Orchester  op. 40
Zwei Stücke für Herrenchor  op. 41
Zwei vierstimmige Gesänge mit Klavier  op. 42


außerdem 7 Werke für Violine bzw. Violoncello und Klavier,
5 Werke bzw. Zyklen für Klavier, darunter 2 zu vier Händen,
5 Kammermusikwerke  sowie
8 Liederzyklen .