Die bestellten Meinungsmacher

Gesellschaftskritik ist Volksaufklärung im besten Sinne des Begriffs. Doch eine echte Volksaufklärung kann und wird niemals im Interesse der gerade Herrschenden sein. In den Jahren von 1933 bis 1945 gab es ein "Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda". Es unterstand einem Joseph Goebbels. Bereits die Bezeichnung dieses Ministeriums stellte eine Selbstentlarvung dar, denn Volksaufklärung und Propaganda sind absolute Gegenpole; sie schließen sich gegenseitig aus.

Heute haben wir eine völlig andere Situation. Wir leben in einer relativ transparenten Mediengesellschaft. Wir haben eine relative Presse- und Meinungsfreiheit. Durch das nur unter großem Aufwand zensierbare Internet wandern Nachrichten und Meinungen in Sekundenschnelle mehrmals um den gesamten Erdball. Eine E-Mail zwischen irgendeinem Ort in Deutschland und irgendeinem Ort in Australien oder Neuseeland oder Hawaii benötigt in der Regel nicht mehr Zeit als eine E-Mail von Berlin nach Potsdam oder von Düsseldorf nach Duisburg. Die Volksaufklärung geschieht jetzt global. Eine Zensur ist kaum noch möglich - es sei, man kappt sämtliche Telefonverbindungen und verbietet bei Todesstrafe jeglichen Betrieb von Satellitenantennen.

Bleibt allein die Propaganda als Mittel, die Massen (und damit die Wähler) zu beeinflussen. Es mehrere Spielarten der Propaganda:

I.  Die grobe Art (Holzhammer-Methode)

Auf dem Gebiet des Pressewesens haben die Gegner der Volksaufklärung ein Massenblätter geschaffen, die auf der Titelseite völlig unwichtige Nachrichten über irgendwelche Fußball-(Ex)Stars, Trainer, Manager in Riesenlettern hinausposaunen. Den Konsumenten dieser Produkte soll suggeriert werden, daß die Klatsch- und Tratschgeschichten über Ehen und Liebschaften von Fußball-, Tennis- und Pop-Stars wichtiger seien als politische Dinge, die das Leben eines jeden Bürgers beeinflussen.

An zweiter Stelle kommt dann die politische Polemik. Man sieht fast täglich Überschriften wie: "Bundeskanzler vor dem Ende" oder "Tritt der Finanzminister endlich zurück?" Wenn man dann die wenigen Zeilen unter den schreienden Riesenlettern liest, sieht man, daß Nachrichten und Kommentare prinzipiell nicht getrennt werden. Ein des kritischen Lesens nicht mächtiger Bürger - und davon gibt es sehr viele - kann zwischen Nachricht und Kommentar nicht mehr unterscheiden und wertet Kommentare als Nachrichten.

Was dann noch in diesen Blättern steht, ist noch weniger lesenswert. Die wirklich wichtigen Nachrichten werden meist garnicht erwähnt. Das Ziel ist deutlich erkennbar: es gilt, der Volksaufklärung durch gezielte Volksverdummung entgegenzuwirken.

 

 

II.   Die feinere Art (Ablenkungs-Methode)

Da die genannte Volksverdummungs-Presse mit den Riesen-Buchstaben und den völlig nebensächlichen Nachrichten über Affären von Fußball-Stars oder Schauspieler-Sternchen nicht alle Haushalte erreicht, wurde eine weitere Waffe erfunden: Das Bezahl-Fernsehen (neudeutsch: Pay-TV). Wir haben gerade in Deutschland ein überwältigendes Angebot an gebührenfinanzierten Fernsehprogrammen (ARD, ZDF, 3SAT, ARTE, PHOENIX, KIKA, RBB Berlin, RBB Brandenburg, NDR, WDR, Hessisches Fernsehen, MDR, SWR Baden-Württemberg, SWR Rheinland-Pfalz, SWR Saarland, Bayerisches Fernsehen, Bayern Alpha) sowie an werbefinanzierten Privatsendern (SAT 1, RTL, RTL2, SUPER RTL, Pro7, Kabel 1, XXP, TV Berlin, HH1 usw.). Man kann längst nicht soviel sehen, wie angeboten wird. Doch das reichte den konservativen Potentaten nicht. Es sollte jeder Bürger in diesem unseren Lande vom selbständigen Denken abgehalten werden. Mit (wohlwollender oder tatkräftiger?) Unterstützung aus Regierungskreisen schuf der Filmrechte-Händler und Medienmogul Leo Kirch das deutsche Bezahlfernsehen "Premiere" mit einer Reihe von Spartenprogrammen, die rund um die Uhr laufen.

Das Prinzip wurde schon vor 2000 Jahren von den römischen Potentaten praktiziert. Dort galt die Devise: Panem et circenses (Brot und Spiele). Mit Fressen und primitiver Unterhaltung wurden die Massen abgehalten, ihren Verstand zu gebrauchen. Es ist alles schon einmal dagewesen.

Bei uns in Deutschland ging das Kirchsche Prinzip jedoch nicht auf. Das Geschäft entwickelte sich längst nicht so, wie erwartet. Leo Kirch kam in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Den gleichen Zielen dient sie sogenannte "Gelbe Presse". In aufwendig gestalteten bunten Magazinen werden Klatsch- und Tratschgeschichten aus dem Hochadel, aus Königshäusern und über "Prominente" aller Art ausgewalzt. Oft sind die Geschichten nur erfunden. Aber die Leser dieser Produkte werden durch diese Geschichten abgelenkt und kommen nicht in Versuchung, über die wirklich wichtigen Dinge - Recht, Gleichheitsgrundsatz, Staatsfinanzen, Gesundheitswesen, Rentenpolitik - nachzudenken.

Und um die Jüngeren abzulenken und vom Denken abzuhalten, werden "Events" erfunden. Da gibt es die "Love Parade", da gibt es "Open-Air-Konzerte", bei denen die Geräusche von Pop-"Größen" ohne Stimme und ohne Geist den Teenies mit Riesen-Verstärkeranlagen in die Ohren gedröhnt werden, bis diese reihenweise vor Begeisterung in Ohnmacht fallen oder bleibende Hör- und Denkschäden erleiden, da werden von öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten schwachsinnige Wettbewerbe wie "Die deutsche Stimme 2003" und weiterer Schwachsinn aus Fernseh-Gebühren finanziert. Da wird systematisch Volksverblödung in ganz großem Stil betrieben. Und für eine andere - ältere - Zielgruppe es dann noch die "Schlagerparade der Volksmusik", die "Musikantenscheune" und andere Veranstaltungen, die im Niveau weit unter der Nullinie liegen. Ablenkung ist alles. Wer abgelenkt ist, denkt nicht. Und das ist das eigentliche Ziel.

 

III.  Die subtile (pseudo-intellektuelle) Art

Nun gibt es außer der "Boulevard-Presse" und der sogenannten "Gelben Presse" doch noch einige seriöse Tageszeitungen. Und dort findet man - leider - Leitartikel, Kommentare und "Meinungsseiten", die die Leser in ihrer Meinung beeinflussen sollen. Das wird natürlich immer unter dem Mäntelchen der "Neutralität" veröffentlicht. Es sei an dieser Stelle nur auf zwei Beispiele verwiesen; in beiden Fällen haben die Medienmacher dem Volk suggeriert, die angegriffenen Politiker hätten unverzeihliche Fehler begangen.

 

a.) Der "Fall" Däubler-Gmelin

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b.) Die "Fehler" von Gerhard Schröder

Im vorigen - dem 20. - Jahrhundert hat es zwei verheerende Kriege gegeben, zwei völlig unsinnige und unbegründete Kriege. Diese Kriege forderten unzählige Menschenopfer, zerstörten Wohnungen und Kulturstätten führten zu Konzentrationslagern, Mordfabriken, Vertreibungen und einem heute kaum noch vorstellbaren Flüchtlingselend.

Frankreich, Rußland (bzw. die damalige Sowjetunion) und schließlich auch Deutschland hatten dem Kriegsgott (oder - besser - dem Kriegsteufel) einen riesigen Blutzoll entrichten müssen. Halb Europa lag in Trümmern.

Nach der letzten Katastrophe kam die Einsicht. Konrad Adenauer, Charles de Gaulle, Willy Brandt, Michael Gorbatschow und Helmut Kohl sind zu den Wegbereitern einer europäischen politischen Ordnung geworden, in der Kriege zwischen Deutschland und Frankreich oder Deutschland und Rußland nicht mehr vorstellbar sind.

Nach dem Angriff religiös-politischer Fanatiker auf das World Trade Center in New York haben sich alle Staaten Europas selbstverständlich solidarisch mit den USA in ihrem Kampf gegen den internationalen Terrorismus erklärt. Es gab den Krieg in Afghanistan, der dem fanatischen Taliban-Regime ein Ende bereitete.

Doch nun hörte man aus den USA seltsame Töne. Der Begriff einer "Achse des Bösen" tauchte plötzlich auf. Aus den USA kam die Behauptung, der Irak - Größe: 440.000 qkm; Bevölkerung: 22,6 Millionen - besitze Massenvernichtungsmittel und wolle die USA - Größe: 9.809.000 qkm; Bevölkerung: 282,4 Miliionen - angreifen. Die USA rüsteten zum Krieg gegen den Irak und erwarteten von den europäischen Staaten Unterstützung.

Nun haben Frankreich, Deutschland und Rußland den Krieg im eigenen Lande erlebt - im Gegensatz zu den USA. In den Ländern Europas weiß man, welches Leid ein Krieg über die Bevölkerung bringt. Die drei Länder hatten sich der Absicht der USA, mit Krieg ein ungeliebtes Regime zu beseitigen, entgegengestellt.

Das Verhältnis Frankreich - USA war schon immer kompliziert. Das Verhältnis Rußland - USA war lange durch den "Kalten Krieg" geprägt. Auch heute noch beargwöhnen sich beide Länder mißtrauisch. Aber Deutschland galt aus der Sicht der USA immer als "Musterschüler", der brav alles macht, was Uncle Sam wünscht. Daß die Bundesrepublik sich öffentlich gegen die Kriegsabsichten und -vorbereitungen der USA stellte und eine diplomatische Lösung forderte, wirkte auf die USA-Regierung offensichtlich wie ein Donnerschlag. Deutschland wurde beinahe der "Achse des Bösen" zugerechnet. Dabei hatte der deutsche Bundeskanzler nur das ausgesprochen, was 80% der europäischen Bevölkerung dachte und denkt, und er hatte danach gehandelt. Der Präsident der USA und sein Verteidigungsminister erklärten daraufhin öffentlich ihre Verstimmung über Gerhard Schröder.

Dagegen stellten sich die britische, die spanische und die polnische Regierung sehr schnell demonstrativ hinter den Kurs der USA. Inzwischen wird der ganzen Welt davon ausgegangen, daß allein wirtschaftliche Interessen hinter dieser Haltung der Regierungen standen.

Die gegenwärtige Opposition, die mit allen Mitteln wieder an die Macht gelangen will, warf darauf dem Bundeskanzler vor, er habe sich und die Bundesrepublik Deutschland von der übrigen Welt "isoliert". Und nahezu alle Kommentatoren in Fernsehen und Presse stimmten im Chor in diese Arie ein und gaben pseudo-scharfsinnige Analysen über Gerhard Schröders "Fehlverhalten" von sich.

 

Inzwischen ist der Krieg im Irak beendet, das Land ist verwüstet, die Museen wurden unter den Augen der Besatzungsmacht geplündert, es herrscht Not und Chaos, doch Massenvernichtungsmittel - der angebliche Kriegsgrund - sind bisher nicht gefunden worden. Eine nachträgliche Legitimierung des Krieges war und ist nicht möglich. Und die überklugen Kommentatoren räumen nun ganz vorsichtig ein, daß die USA, die ja auch das Kyoto-Protoll nicht unterzeichnet haben und sich gegen Prozesse gegen USA-Bürger vor dem Internationalen Strafgerichtshof mit aller Macht wehren, mit ihrem Krieg gegen den Irak gegen geltendes Völkerrecht verstoßen haben.

Und dann hörte oder las man die Einlassung des stellvertretenden US-Verteidigungsministers, daß es - jedenfalls nicht in der Hauptsache - garnicht um Massenvernichtungswaffen ging, sondern allein um das irakische Öl, dessen Förderung und Vermarktung nun in der Hand amerikanisch-britischer Konzerne liegt.

Gerhard Schröder hat sich durch seine Haltung zum Irak-Krieg weltweit ungeheures Ansehen erworben. Doch die Opposition, die mit allen Mitteln zur Macht strebt, läßt weiter ihre Schreiberlinge behaupten, Gerhard Schröder habe "Deutschland isoliert" und habe "dem Land schweren Schaden" zugefügt.

 

 

2. Der "Fall" Jürgen Möllemann

a.) Die Treuhandanstalt

Über die politische Karriere von Jürgen Möllemann ist in den letzten Tagen viel veröffentlicht worden. In der Presse fanden sich wieder "sachkundige" Kommentare im Überfluß, die nahezu alle in die gleiche Richtung zielen.

In keinem der Kommentare und der teilweise sehr umfangreichen Analysen ist jedoch auf die eigentliche Ursache für das Ausscheiden Jürgen Möllemanns aus dem Amt des Wirtschaftsministers im Jahre 1991 eingegangen worden. Da wird eine sogenannte "Briefbogen-Affäre" an den Haaren herbeigezogen. Die tatsächlichen Umstände waren aber andere.

Im Zusammenhang mit der Schaffung der deutschen Einheit stellte sich die Frage, was mit den vielen "volkseigenen" - also staatlichen - Betrieben geschehen sollte. Noch zu DDR-Zeiten kam von dem "Runden Tisch" der Bürgerrechtsbewegung der Vorschlag, zunächst die "Volkseigenen Betriebe" (VEB) von einer staatlichen Treuhandanstalt verwalten zu lassen. Am 1.3.1990 wurde von der DDR die "Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums" mit Sitz in Berlin gegründet. Am 16.6.1990 erließ die erste und demokratisch gewählte Volkskammer der DDR ein "Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz)", das bereits am 1.7.1990 in Kraft trat.

Nach dem "Beitritt" des "Beitrittsgebietes" zur Bundesrepublik Deutschland ging es um die Stellung dieser bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts innerhalb des Bundes. Auftrag der Anstalt war, die unternehmerische Tätigkeit des Staates durch Privatisierung so rasch wie möglich zurückzuführen, die Wettbewerbsfähigkeit möglichst vieler Unternehmen herzustellen, somit Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen sowie Grund und Boden für wirtschaftliche Zwecke bereitzustellen. Gleichzeitig mit der vorgenommenen endgültigen Umwandlung aller staatlichen Unternehmen in Kapitalgesellschaften zum 1.7.1990 wurde die Treuhandanstalt alleinige Eigentümerin der ca. 8000 Unternehmen.

Bundeswirtschaftsminister Möllemann forderte damals, die Treuhandanstalt dem Wirtschaftsministerium zu unterstellen, wo sie ihrer Aufgaben wegen hingehört. Die damalige Bundesregierung unterstellte die Treuhandanstalt jedoch dem Bundesminister der Finanzen. Man gab sich der Illusion hin, durch Verkauf der ehemaligen VEB an zahlungskräftige Investoren soviel Geld einnehmen zu können, daß damit die gesamten Kosten der deutschen Einheit gedeckt würden. Die Anhänger dieser Illusion übersahen dabei, daß durch die Währungsumstellung von Mark der DDR auf Deutsche Mark die Produkte der VEB für die bisherigen Kunden - die ehemaligen Ostblock-Länder - unbezahlbar geworden waren. Der gesamte Ostblock-Markt brach mit einem Schlag weg. Die erwarteten Groß-Investoren blieben größtenteils aus. Die VEB wurden daraufhin plattgemacht ("abgewickelt") und ein Riesenheer von Arbeitslosen wurde geschaffen.

Jürgen Möllemann hatte diese Entwicklung vorausgesehen. Hin und wieder erschienen in der Presse (ganz klein gedruckt) kurze Meldungen, denen man entnehmen konnte, daß es wegen der Treuhandanstalt zu erheblichen internen Differenzen zwischen Möllemann und den anderen Mitgliedern der Regierung gekommen sein mußte. Es begann dann eine konzertierte Medien-Kampagne gegen Möllemann. Sogar in seriösen Blättern erschienen Karikaturen, die das Ziel hatten, Möllemann in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Das dürfte der wahre Hintergrund für Möllemanns Rücktritt vom Amt des Bundeswirtschaftsministers gewesen sein.

Die Ermordung des Präsidenten der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder, am 1. April 1991 paßt haargenau in das Bild. Der Mord wurde nie aufgeklärt.

Rohwedders Nachfolgerin wurde Birgit Breuel. Unter ihrer Führung hatte die Treuhandanstalt schließlich Ende 1994 ihre Arbeit abgeschlossen und wurde aufgelöst. Anstatt der erträumten Veräußerungsgewinne hinterließ sie einen Schuldenberg in Höhe von ca. 205.000.000.000,- DM (205 Milliarden DM).

 

b.) Möllemanns "Antisemitismus"

Im Nahen Osten herrscht seit Jahren erbitterter Kampf zwischen fanatischen Palästinern, die ihr Leben bei Attentaten gegen israelische Einrichtungen und gegen Personen opfern, und zwischen der israelischen Armee, die jedes Attentat mit immer härteren Vergeltungsschlägen beantwortet. Begonnen hatte die gegenwärtige Phase der Gewalt durch eine Aktion des Ex-Generals Ariel Scharon, der einen provokativen Marsch über den Tempelberg machte, um gegenüber den Palästinensern und der arabisch-islamischen Welt zu zeigen, wer Herr in und über Jerusalem ist. Auch wurde unter Scharon eine offensive Siedlungspolitik im palästinensisch bewohnten Westjordanland betrieben.

Doch Gewalt erzeugt bekanntlich Gegengewalt, und die Spirale der Gewalt nimmt täglich zu. In Europa und besonders in Deutschland beobachtet man sehr besorgt diese Eskalation. Die "harte Linie" des israelischen Premierministers, der ausschließlich in militärischen Kategorien zu denken scheint, findet hier wenig Verständnis.

Von vielen Menschen in Europa wird Scharon inzwischen als das Haupthindernis für eine Befriedung der Region angesehen. Und dieser negative Eindruck fällt auch auf Scharons Wählerschaft im Staate Israel zurück. Doch es redet keiner laut darüber, um nicht sofort als "Antisemit" gebrandmarkt zu werden.


In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß der bis zum Überdruß benutzte und mißbrauchte Begriff "Antisemit" bzw. "antisemitisch" falsch und irreführend ist. Im Alten Testament sind in 1. Mose 10 die Nachkommen von Noahs drei Söhnen Japhet, Ham und Sem aufgezählt (sog. "Völkertafel"). Zu den Nachkommen Sems gehören u. a. die Elamiter, die Assyrer, die Babylonier und die Aramäer. Der geographische Bereich der in der Völkertafel aufgezählten Nachkommen Sems - der "Semiten" - umfaßt das Gebiet zwischen West-Anatolien und Persien, zwischen Armenien und dem Roten Meer. Da heute zum Teil Völker anderer Herkunft in diesem Gebiet leben, kann daher der Begriff "semitisch" nur sprachwissenschaftlich auf die semitische Sprachenfamilie angewendet werden. Allen semitischen Schriften ist gemeinsam, daß nur die Konsonanten, nicht aber die Vokale notiert werden.

Zum Südwestsemitischen gehören das Nordarabische und das Südarabische samt dem Äthiopischen, zum Ostsemitischen gehört das Akkadische. Nordwestsemitisch umfaßt Aramäisch und Syrisch, Amoritisch-Ugaritisch und die Gruppe des Kanaanäisch-Hebräisch-Moabitisch-Phönikisch-Punischen sowie des Eblischen. Folgerichtig müßten die "Antisemiten" nicht nur Judenfeinde, sondern zugleich auch Araberfeinde sein. Da das jedoch nicht der Fall ist, sollte man besser Klartext reden und schreiben und ehrlicherweise die Wörter "Judenfeindlichkeit" oder "Judenhaß" verwenden.


Jürgen Möllemann hatte ein Tabu-Thema berührt. Er hatte in einem Flugblatt sinngemäß geschrieben, daß die Handlungen des Politikers Ariel Scharon und die Äußerungen des Talk-Masters Michel Friedman mehr zu einem "Antisemitismus" beitrügen als die Aktionen der Rechten.

Es ging sofort ein Aufschrei durch die gesamte Presse. Es wurde sofort behauptet, Möllemann selber habe "antisemitische" Äußerungen verbreitet. Die klugen Kommentatoren betätigten sich dabei wieder als "Tugendwächter" und schrieben wieder tiefschürfende Leitartikel.

Wo steckt hier eigentlich der "Antisemitismus"? Es wurden Worte und Taten zweier Einzelpersonen kritisiert. Unter "Antisemitismus" versteht man jedoch eine generell ablehnende oder feindselige Haltung gegenüber allen Menschen jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung. Für eine derartige allgemeine Einstellung Möllemanns gibt es nicht den geringsten Beweis.

Doch die Propagandamaschine lief inzwischen auf Hochtouren. Es wurde beinahe täglich über Jürgen Möllemann und seine "Verfehlungen" berichtet. Zugleich suchten seine Gegner und Feinde, ihn juristisch plattzumachen. Sehr schnell fand eine konzertierte Aktion der Staatsanwaltschaften statt (das in Einzelfällen sehr schnelle Zusammenspiel von Politik und Justiz ist schließlich nichts Neues!). Und genau an dem Tag, an dem die Hausdurchsuchungen im Auftrage der Staatsanwaltschaften durchgeführt wurden, stürzt der erfahrene Fallschirmspringer Jürgen Möllemann bei einem Sprung ab. Da muß doch bei jedem arglosen Leser der vielen klugen Kommentare der Eindruck entstehen, Möllemann habe Selbstmord begangen, und dieser Selbstmord sei ein Schuldeingeständnis.

Die Staatsanwaltschaften sind im Gegensatz zu den Richtern weisungsgebunden. Es erhebt sich zwangsläufig die Frage: wer hat die Staatsanwaltschaften eigentlich aktiviert? Nur aus Kreisen der "hohen" Politik können Weisungen an die Staatsanwaltschaften erfolgen. Kam die Weisung vielleicht gar aus den eigenen Reihen, aus Möllemanns Partei, der FDP? War Jürgen Möllemann vielleicht eine Gefahr für andere FDP-Größen? Hatte vielleicht seine Ankündigung, eine eigene liberale Partei zu gründen, etwas mit seinem Ende zu tun?

Sowohl zu den Synchron-Aktionen der Staatsanwaltschaften als auch über eine Fülle von Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Jürgen Möllemanns Absturz kann man sich informieren bei

http://www.constantin-v-antaris.de > Forum

 


Zu dem Komplex "Antisemitismus" möchte ich einige Bemerkungen machen. Es handelt sich dabei um meine persönliche Sicht der Dinge, und ich erhebe für die Sicht auch nicht den Anspruch der Allgemeingültigkeit.

Die Meinungsmacher, die jetzt Zeter und Mordio über Möllemanns angeblichen "Antisemitismus" schreien, setzen damit die Personen Scharon und Friedman mit dem gesamten Judentum gleich. Kraß ausgedrückt: jegliche Kritik an diesen beiden Personen sei bereits an sich "antisemitisch", "antijüdisch" oder "antiisraelisch". Eine derartige Folgerung ist jedoch in sich nicht schlüssig.

Das Judentum ist in Künsten, Wissenschaften, Wirtschaft und Politik durch illustre Namen vertreten: Salomone Rossi "Il Ebreo" (Komponist, um 1600), Moses Mendelssohn (Philosoph, 1729-1786), Giacomo Meyerbeer (Komponist und Opern-Intendant, 1791-1864), Heinrich Heine (Dichter, 1797-1856), Felix Mendelssohn-Bartholdy (Komponist und Musikpädagoge, 1809-1847), Karl Marx (Rechtsanwalt und Philosoph, 1818-1883), Jacques Offenbach (Komponist und Theaterleiter, 1819-1880), Wilhelm Liebknecht (Politiker, 1826-1900), Emil Rathenau (Großindustrieller, Gründer der AEG, 1838-1915), Hermann Levi (Dirigent, 1839-1900), Max Liebermann (Maler und Grafiker, Präsident der Preußischen Akademie der Künste, 1847-1935), Gustav Mahler (Komponist, Dirigent und Intendant, 1860-1911), Walther Rathenau (Industrieller, Schriftsteller, deutscher Außenminister, 1867-1922), Rosa Luxemburg (Bürgerrechtlerin und Reichstagsabgeodnete, 1870-1919), Karl Liebknecht (Rechtsanwalt und Reichstagsabgeordneter, 1871-1919), Alexander Zemlinsky (Komponist und Dirigent, 1871-1942), Arnold Schönberg (Komponist, Musikwissenschaftler und Hochschullehrer, 1874-1951), Bruno Walter (Dirigent, 1876-1962), Albert Einstein (Physiker, 1879-1955), Victor Klemperer (Romanist, Schriftsteller, 1881-1960), Walter Braunfels (Komponist und Hochschullehrer, 1882-1954), Franz Kafka (Dichter, 1883-1924), Otto Klemperer (Dirigent, 1885-1973), Ernst Deutsch (Schauspieler, 1890-1969), Kurt Tucholsky (Literatur- und Theaterkritiker, Schriftsteller, 1890-1935), George Gershwin (Komponist, 1898-1937), Kurt Weill (Komponist, 1900-1950), Walter Felsenstein (Regisseur und Theaterleiter, 1901-1975), Leonard Bernstein (Komponist, Dirigent und Musikpädagoge, 1918-1990) und viele, viele andere. Diese Persönlichkeiten haben - jede in ihrer Weise - der Welt sehr viel gegeben, was für immer bleibt.

Weshalb ich diese (längst nicht vollständige) Liste zusammengestellt habe? Weil ich zeigen will, daß es ein anderes Judentum gab und gibt, das mit dem Scharons und Friedmans nichts gemein hat.

Für mich wird das Judentum am besten durch die Titelfigur im Theaterstück "Nathan der Weise" verkörpert. Es sei an daran erinnert, daß Gotthold E. Lessing (1729-1781) durch seinen Freund, den Philosophen Moses Mendelssohn, zu seinem Nathan angeregt wurde und ihm mit der Titelfigur ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat.

Nathan (= Moses Mendelssohn) versöhnt und integiert. Ariel Scharon und Michel Friedman polarisieren hingegen und vergrößern Differenzen. Da beide Personen Funktionen in der jüdischen Welt haben, besteht die große Gefahr, daß sie als typische (?) Repräsentanten des heutigen Judentums angesehen werden. Nach meiner persönlichen Meinung machen die Herren Scharon und Friedman vieles, was nach 1945 wieder langsam gewachsen ist, kaputt. Ihre Worte und Taten sind durchaus geeignet, alte Vorurteile zu verstärken und eine neue Judenfeindlichkeit hervorzurufen.

Es liegt allein in der Hand der Bevölkerung des Staates Israel bzw. der jüdischen Gemeinde in Deutschland, eine Änderung herbeizuführen und solche Personen in Spitzenpositionen zu wählen, die - statt zu polarisieren und Haß zu produzieren - zur Versöhnung fähig sind und im Geiste Nathans des Weisen handeln.

 

Manfred Ganady


 

IV. Die Statistik als Zwecklüge

(Wahlprogosen  -  "Polit-Barometer")

 

Es gibt drei Arten von Lügen, heißt es in einem Bonmot: die Notlüge, die schwere Lüge und die Statistik. Eigentlich sollte man besser den Begriff Stochastik (griech.:

Die Statistik ist ein Sondergebiet der Mathematik. Die wichtigsten statistischen Formeln finden sich zwar mittlerweile in vielen Computerprogrammen (z. B. EXCEL, LOTUS 1-2-3 etc.), aber der routinierte Umgang mit diesen Werkzeugen ist doch eine Domäne der Spezialisten geblieben. In einigen Fällen beeinflussen Statiken in besonderer Weise das Leben aller Bürger: bei den Beiträgen zur und den Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung und und der staatlichen Rentenversicherung sowie bei Wahlprognosen.

Wahlprognosen sind sicherlich die eleganteste Form der Meinungsmache.

(Der weitere Text folgt in Kürze)