Die Gründung der Gruppe Luckau

Motto:

Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben,
wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.

Quelle: Friedrich Schiller, "Wilhelm Tell", 4.Akt, 3. Szene
(Die hohle Gasse bei Küßnacht)


Die Situation änderte sich erst, als der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburg, Werner Giebecke, bei den Vorstandswahlen im Frühjahr 1993 nicht mehr für dieses Amt kandidierte. Als Nachfolgerin wurde Frau Marion Michelet mit großer Mehrheit gewählt. Einen Gegenkandidaten hatte sie nicht. Ich war über das Ausscheiden Herrn Giebeckes verständlicherweise sehr erleichtert, denn Frau Michelet erschien mir flexibel und nicht voreingenommen. Ich setzte mich also mit ihr in Verbindung und schlug ihr vor, eine neue Gruppe "Südbrandenburg" oder "Niederlausitz" zu gründen. Sie war sehr einverstanden und besorgte mir für meine Aktionen Werbematerial. Damals gab es noch für die Öffentlichkeitsarbeit ein Sonderheft der Vereinszeitschrift "DER DACHSHUND", das graphisch sehr gut gestaltet war und hervorragende Fotos von Teckeln aller Haararten und Größen enthielt. Frau Michelet besorgte mir dann ein ganzes Paket dieser Sonderhefte zu 50 Stück; allerdings mußte ich die Kosten dafür aus eigener Tasche tragen.

Nun ging es darum, mindestens sieben Personen für die Gruppengründung zu finden. Ich hielt das nicht für eine große Schwierigkeit. Durch unseren Nachbarn - den Grundstückseigentümer - kannte ich den Revierförster Volker Kr. im benachbarten Dorf Caminchen, und dieser Revierförster wußte genau, welche seiner Kollegen und sonstigen Bekannten Teckel besaßen. Er besorgte mir eine Namens- und Adressenliste und ich machte mich an die Arbeit. Nachdem ich ein entsprechendes Anschreiben verfaßt hatte, machte ich mich an die ersten Besuche. Doch die Angesprochenen wichen aus, gaben vor, keine Zeit zu haben oder sagten, sie seien zu alt, um sich noch in einem Verein zu engagieren. An diejenigen, die weiter entfernt wohnten, wandte ich mich dann schriftlich. Doch Antworten kamen nicht. Erst viel später erfuhr ich, daß kurz nach der Wende der "Verein für Jagdteckel (VJT)" in den "neuen Ländern" sehr aktiv gewesen war und nahezu alle Jäger, die einen oder mehrere Teckel besaßen, sich dem VJT angeschlossen hatten.

Nach einer Weile merkte ich, daß irgendetwas nicht stimmte. Ich trat die Flucht nach vorn an und schrieb allen Leuten, mit denen ich inzwischen Kontakt bekommen hatte, daß wir im Gasthof "Zur Linde" in Wußwerk die Gründungsversammlung unserer Niederlausitzer oder Südbrandenburger Gruppe des Deutschen Teckelklubs durchführen werden.

Außer meiner Frau und mir erschien nur ein einziger Interessent, Herr Werner Z. aus Hohenbucko. Er besaß einen Rauhhaar-Zwergteckelrüden mit DTK-Ahnentafel aus einer bekannten Leipziger Zucht. Doch mit drei Mitgliedern kann man weder einen Verein noch eine Gruppe des Deutschen Teckelklubs gründen. Wir beschlossen, in Kontakt zu bleiben, und gingen dann wieder nach Hause.

Ein Jahr später wurde ich von Bekannten in Berlin darauf hingewiesen, daß sich in unserer Region etwas tun werde. Ich solle auf Anzeigen und Mitteilungen der örtlichen Presse achten. Tatsächlich waren in den nächsten Blättern Anzeigen zu finden, in denen auf die bevorstehende Gründung einer Gruppe des DTK hingewiesen wurde. Eine Kontaktadresse - ein gewisser Paul St. in der Nähe von Luckau war angegeben. Mir war Paul St. bisher nicht bekannt bzw. niemals aufgefallen. Zu den Aktiven einer Berliner Gruppe konnte er also nicht gehören.

Ich schrieb also und teilte Herrn St. mit, daß meine Frau und ich Interesse an der Mitgliedschaft in der geplanten neuen Gruppe hätten. Auch von Herrn Z. aus Hohenbucko bekamen wir einen Hinweis auf die geplante Gründung. Nach ein paar Wochen erhielten wir dann eine Einladung zur Gründungsversammlung am 4.6.1994. Ort sollte eine Gaststätte am Markt in Luckau sein.


Zur Gründungsversammlung lernten wir dann Paul St. persönlich kennen, der uns alle eingeladen hatte. Der Raum füllte sich; Familie Michelet und eine Reihe von bekannten DTK-Mitgliedern aus Berlin kamen zu dieser Gründungsversammlung angereist. Es wurden Reden gehalten und dann wurde zur Tat geschritten.

Jetzt mußte der Gruppenvorstand gewählt werden. Es wurden um Vorschläge für das Amt des Gruppenvorsitzenden gebeten. Doch die Gründungsmitglieder saßen stumm und offensichtlich ratlos da. Da mir die Pause nach einer Weile zu lange dauerte, meldete ich mich zu Wort und schlug Paul St. vor. Jetzt war der Bann gebrochen; mein Vorschlag fand allgemeine Zustimmung und das erste Vorstandsmitglied wurde gewählt. Dann ging es zur Wahl des Schriftführers. Wieder gab es allseits betretenes Schweigen. Ich selber konnte keinen Vorschlag machen, da ich ja niemand von den Neu-Mitgliedern kannte und somit auch nicht um deren Qualitäten wußte. Gerade das Amt des Schriftführers ist ein einem Verein sehr wichtig, denn dieser hat Protokolle, Rundschreiben, Einladungen und Briefe zu verfassen. Jemand, der die deutsche Sprache nicht fehlerfrei beherrscht oder nicht stilsicher ist, ist für dieses Amt nicht geeignet.

Das peinliche Schweigen wurde schließlich von einem Berliner Mitglied unterbrochen, welches mich für das Amt des Schriftführers vorschlug. Ich war vollkommen überrascht; damit hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Ich sagte dann zu und wurde tatsächlich auch gewählt. Gegenkandidaten gab es nicht. Die weiteren Wahlen gingen dann schneller. Das Amt des Zuchtwartes wurde noch nicht besetzt. Frau W. aus Berlin erklärte sich dann dankenswerterweise bereit, dieses Amt für die Gruppe Luckau bis zur Bestellung eines eigenen Zuchtwartes zu übernehmen.

Die ersten Monate in der Gruppe Luckau verliefen sehr harmonisch. Als Schriftführer hielt ich den Kontakt mit den anderen Gruppen aufrecht und lud erfahrene Teckelleute und auch Tierärzte zu Vorträgen bei unseren monatlichen Mitgliederversammlungen ein. Die Themen waren sehr breit gestreut, hatten aber immer Bezug zu Teckelhaltung und Teckelzucht. Auch war es meine Aufgabe als Schriftführer, die Tagungen der Arbeitsgemeinschaft in Berlin als Vertreter der Gruppe Luckau zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch gleich die alten Differenzen mit Frau B. und Frau K. begraben. Und Herr Giebecke war auf einmal sehr freundlich zu mir und sagte: "Man soll nie nie sagen."

Zwischen den Mitgliederversammlungen hielten wir regelmäßig Vorstandssitzungen ab. Es ging da im wesentlichen um Terminplanung, Organisation der Mitgliederwerbung und ähnliche Dinge.

Dann kam es zu unserer ersten Zuchtschau. Paul fragte mich, ob ich bereit wäre, das Amt des Zuchtschauleiters zu übernehmen. Ich sagte zu und begann mit den organisatorischen Arbeiten. Die Zuchtschau, die dann am 27.11.1994 im Saal des Gasthofes "Zur Linde" in Wußwerk stattfand, wurde ein voller Erfolg.

Im November 1994 kam auf einer Vorstandssitzung auch das Thema "Zuchtwart" auf. Paul Steinhoff war der Ansicht, daß wir einen gruppeneigenen Zuchtwart haben sollten. Wir waren zu diesem Zeitpunkt gerade zwei Züchter in der Gruppe Luckau, nämlich Paul Steinhoff und ich. Paul erklärte, daß er die vom DTK festgesetzten Voraussetzungen für die Übernahme dieses Amtes nicht erfülle, da er noch keine drei Generationen von Teckeln gezüchtet habe. Er fragte mich dann: "Warum machst du das nicht?" Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon fünf Generationen gezüchtet: Amneris (1984) - Brangäne (1986) - Erda (1988) - Freia (1991) und Halka (Juli 1994). Außerdem hatte ich damals bereits die DTK-Zuchtauszeichnung (Ausstellung) in Bronze errungen. Obwohl ich mich nicht nach dem Amt des Zuchtwartes drängelte, sagte ich zu. Wie bereits erwähnt, geschah das im November 1994.

Doch dann geschah nichts mehr. Im Hinblick auf die Zuchtwart-Angelegenheit machte Paul im Januar 1995 seltsame Andeutungen. Irgendetwas stimmte nicht. Ich fragte dann bei der damaligen Landeszuchtwartin Annette Frohnecke schriftlich nach, was nun aus der Sache werden solle, bekam aber keine Antwort. Vielmehr gab es um dieses Schreiben einen Wirbel, den ich absolut nicht verstand. Ich hatte nur die Worte wiederholt, die unser Gruppenvorsitzender Paul im November 1994 bei unserer Vorstandssitzung gesagt hatte, nämlich daß es für unsere Mitglieder unzumutbar wäre, bei einer Wurfabnahme die nicht unbeträchtlichen Fahrkosten eines Zuchtwartes aus Berlin bezahlen zu müssen.

Am 6.5.1995 hatten wir erst Vorstandssitzung in Schlabendorf und dann Gruppennachmittag in Luckau. Bei dieser Vorstandssitzung erklärte mir Paul, daß er und der Vorstand nicht länger mit mir zusammenarbeiten könne. Ich führe "Alleingänge" durch. Außerdem warf mir unser Kassenwart vor, ich hätte mein Amt als Schriftführer der Gruppe Luckau mißbraucht, um "alte Rechnungen" zu begleichen. Ich wußte überhaupt nicht, was er meinte, denn mit allen früheren Kontrahenten war inzwischen Frieden geschlossen. Wenn man sich traf, grüßte man sich und plauderte ein wenig, aber Feindseligkeiten gab es nicht mehr.

Da zog Paul ein an die Landesverbandsvorsitzende, Frau M., gerichtetes Schreiben des damaligen Bundeszuchtwartes Dr. Horst Kettendörfer hervor, in dem dieser die Bestellung von Paul St. zum Zuchtwart der Gruppe Luckau genehmigte. Ich war ziemlich überrascht, las das Schreiben des Bundeszuchtwartes noch einmal und gratulierte dann freundlich lächelnd Paul St. zum Amt des Zuchtwartes. Und ich klärte die anderen Vorstandsmitglieder darüber auf, daß es längst keine "alten Rechnungen" mehr gab.

Die anderen Vorstandsmitglieder waren über meine Reaktion sichtlich verblüfft. Man hatte wohl erwartet, daß ich explodiere. Ich sagte, daß mir diese Lösung sehr, sehr angenehm sei. Es wurde mit etwas betretenen Gesichtern beschlossen, die gegen mich gerade erst erhobenen Vorwürfe sofort zu vergessen.

Ich hatte das Gefühl, daß mich jemand provozieren und aus der Gruppe Luckau und damit aus dem DTK hinausekeln wollte. Aber wer? Die Ära Giebecke war schließlich vorbei, und ich hatte mit keinem einzigen Mitglied irgendwelche Differenzen, auch nicht mehr mit Herrn Giebecke selbst.

Die Erklärung kam noch am selben Tag. Um 15.00 Uhr sollte ein Gruppen-Nachmittag stattfinden. Meine Frau und ich hatten uns etwas verspätet. Als wir eintrafen, hielt bereits ein DTK-Mitglied aus Berlin - Herr Karlheinz K. - einen Vortrag über Gebrauchsarbeit. Von dieser Einladung, die als erste nicht von mir kam, wußte ich vorher nichts.

Als Gast war auch die ARGE-Vorsitzende, Frau Marion Michelet erschienen. Nachdem Herr K. seinen Vortrag beendet hatte, ergriff Frau M. das Wort, sah mich strafend mit dem Ausdruck der höchsten Mißbilligung an und sagte, sie sei "entsetzt" über die von mir formulierte Einladung zum Gruppennachmittag. Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Während Frau M. die Mitglieder gegen mich aufzuhetzen versuchte, schrieb ich auf einen Zettel, daß der gesamte Text für die Einladung vorher mit dem Gruppenvorsitzenden, Herrn Paul St., abgesprochen war. Dann stand ich auf und legte diesen Zettel wortlos Frau M. auf den Tisch. Als dann auch noch Paul St. vor versammelter Mannschaft bestätigte, daß alles vorher mit ihm abgesprochen war, schwenkte sie plötzlich um und wechselte abrupt das Thema.

Nun zerbrach ich mir den Kopf, wieso Frau Michelet plötzlich eine solche feindselige Haltung gegen mich gezeigt hatte. Eine Erklärung dafür fand ich nicht.

Erst viel später begriff, ich, daß Intrigen für Frau Marion Michelet ein Mittel waren, um ihre Macht zu festigen, und daß sie beim Intrigieren vollkommen rücksichtslos war.

 

Luckau, Schloßberg-Gaststätte